1 Allgemeine Informationen
Objektkennung:
 

LR-IIIa-103

Landschaftsraumbezeichnung:
 

Emschertalung

Digitalisierte Fläche (ha) / (Digitize area (in hectares)):
 

5.746,4816

Flächenanzahl:
 

1


Landschaftsraumbeschreibung:
 

Die Emschertalung zwischen Bottrop und Dortmund-Mengede erstreckt sich über ca. 40 km von West nach Ost entlang des ursprünglichen Laufes des Flusses Emscher. Die Emscher ist hier als offener Schmutzwasservorfluter kanalartig ausgebaut und bildet ein schmales, überwiegend 1-2 km breites Band. An ihrer engsten Stelle zwischen Recklinghausen und Henrichenburg, wo die nördlich und südlich gelegenen Emscherrandplatten weit gegen die Emschertalung vorstoßen, ist die Emschertalung nur 150 m breit und beschränkt sich auf den Lauf des kanalisierten Gerinnes. Ausbuchtungen der Emschertalung bei Vogelheim und Horst, wo Nebenbäche bzw. ein ehemaliger Mühlenarm die Talung aufweiten, lassen noch etwas vom ursprünglich stark mäandrierenden Lauf des Flusses erahnen. Die Niederung weist ein weitgehend ebenes Relief auf, östlich von Henrichenburg wird der Raum zunehmend flachwellig. Aus holozänen, im Übergang zur Niederterrasse auch pleistozänen, meist lehmigen oder tonigen fluviatilen Ablagerungen, vereinzelt mit Flugsandauflagerungen, haben sich kleinräumig häufig wechselnd Gley-, Pseudogley- und vergleyte Podsolböden gebildet. Eine Vielzahl meist ebenfalls kanalisierter Bäche münden von Norden und Süden in die Emscher. Die zwischen Bottrop und Castrop-Rauxel - Habinghorst der Emscher von Süden zufließenden Bäche besitzen durch den parallel der Emscher angelegten, den Landschaftsraum prägenden Rhein-Herne-Kanal, unter dem sie mit Dükerrohrleitungen geführt werden, nur noch eine indirekte Verbindung mit dem ursprünglichen Vorfluter. In gleicher Weise wie ihre Vorfluter kreuzt auch die Emscher bei Habinghorst innerhalb des Landschaftsraumes die Wasserstraße.
Als Potentielle Natürliche Vegetation herrschen artenarme Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder und trockene bis feuchte Eichen-Buchenwälder sowie vielfältige Übergänge zwischen diesen Typen vor. Im Osten des Raumes treten in ausgedehnteren Niederungsbereichen Stieleichen-Ulmen-Auwälder hinzu. Heute finden sich im zu knapp 55 % siedlungsüberprägten und verdichteten Landschaftsraum nur noch vereinzelt Reste naturnaher Waldvegetation und nur im Osten des Raumes landwirtschaftlich genutzte Bereiche nennenswerter Ausdehnung.


2 Landschaftsentwicklung, Landschaftsbild
Objektkennung:
 

LR-IIIa-103

Landschaftsentwicklung:
 

Während die Emscher-Niederterrasse zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit verstreuten Einzelhöfen besiedelt und zumeist ackerbaulich genutzt war, war das hochwassergefährdete Emschertal weitgehend unbesiedelt und wurde als Grünland genutzt. Ausnahmen bildeten einige direkt an der Emscher gelegene Schlösser und Herrenhäuser wie Schloss Horst und Haus Crange. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts bestimmte die Nordwanderung des Steinkohlen-Bergbaus die weitere Entwicklung des Raumes. Eine explosionsartig einsetzende Industrialisierung brachte in kurzer Zeit großflächige Bergbau- und Industrie-Ansiedlungen hervor, die mit der Wanderungsrichtung des Steinkohlenbergbaus ebenfalls nordwärts gerichtet waren. Die mit geringem Gefälle nach Westen zum Rhein entwässernde, stark mäandrierende und zu häufigen Überschwemmungen neigende Emscher und ihre Niederung bildeten zunächst eine Zäsur für derartige Entwicklungen. Sie verbanden die an ihren Rändern zwischen Bottrop und Castrop entstehenden Ruhrgebietsstädte in Ost-West-Richtung als Freiraum.
Um die naturräumliche Ungunst der feuchten Niederungslandschaft zu überwinden und gleichzeitig die entsorgungstechnischen Probleme des entstandenen Ballungsraumes zu lösen, wurden bis 1910 die Emscher und ihre Nebenbäche begradigt, technisch ausgebaut und als offene Schmutzwasserkanäle genutzt. Die gesamte Vorflut, z.B. durch Gefälleerhöhung der Emscher im Zuge der Verlagerung ihrer Mündung rheinabwärts und bergbaubedingt, wurde ebenso wie das Grundwasserregime des Landschaftsraumes verändert. Zwischen 1906 und 1914 erfolgte fast zeitgleich zum kanalartigen Ausbau der Emscher und parallel zu ihrem neuen Lauf der Bau des Rhein-Herne-Kanals als wichtige den Landschaftsraum in Ost-West-Richtung durchziehende Verkehrsachse mit einer Vielzahl neuer Häfen als Anknüpfungspunkte für den nachfolgend anhaltenden Verdichtungsprozess in der so nutzbar gemachten Emscherniederung. Lediglich ein schmales Band entlang von Kanal und Emscher verblieb als Freiraum.
Vorhandene und neu errichtete Eisenbahnstrecken, Straßen und später auch Autobahnen, wie die A 43, schneiden den Raum überwiegend in Nord-Süd-Richtung. In dem heute zu ca. 53% siedlungsüberprägten Landschaftsraum finden sich landwirtschaftlich geprägte Bereiche und Relikte der laubwaldreichen Bruch- und Niederungslandschaft in nennenswerter Ausdehnung nur noch im Osten zwischen Castrop-Rauxel-Ickern und Dortmund-Mengede.
Als Folge der Krisen in der Montanindustrie ab 1970 wurden bestehende Industriestandorte in der Emschertalung aufgegeben. Trotz des in diesem Zuge entstandenen Flächenpotentials ist der Druck auf den verbliebenen unverbrauchten Freiraum durch Siedlungs-, Industrie- und Verkehrsvorhaben anhaltend hoch und führt zum stetigen Verlust von Freiraum, insbesondere von Offenland.
Die aktuelle Entwicklung einer beginnenden postindustriellen Phase im Landschaftsraum Emschertalung wurde seit 1989 durch die abschnittsweise Realisierung des Projektes "Emscher-Landschaftspark" im Rahmen der Internationalen Bauausstellung eingeleitet. Seit 1991 - zunächst nur für einen Teilabschnitt im Oberlauf der Emscher außerhalb des Landschaftsraumes - hat auch der gezielte Rückbau der Kanalemscher durch unterirdische Verlegung der Schmutzwasserentsorgung und eine "Wiederbelebung" des Flusses als naturbetontes Fließgewässer - sowie die Schaffung eines von Ost nach West durchgehenden Grünzuges parallel zu Kanal und künftiger Emscher begonnen.

Landschaftstyp:
 

Verdichtungsraum

Landschaftsbild:
 

Die Emschertalung zwischen Bottrop und Dortmund-Mengede stellt eine hoch verdichtete, von Zechen-, Chemie- und Montanindustrie (bzw. deren Brachen) geprägte Stadtlandschaft dar. Der Raum umfasst Teile der zentralen Ruhrgebietsstädte Essen, Bottrop, Gelsenkirchen, Herne, Herten, Recklinghausen, Castrop-Rauxel und Dortmund.
Rund 25 % der Fläche des Landschaftsraumes werden noch landwirtschaftlich genutzt, wobei diese Nutzung auf Bereiche parallel der Emscher und den Osten des Landschaftsraumes bei Ickern und Mengede konzentriert ist. Hier finden sich auch noch einige größere, naturnahe Laubwälder. Insgesamt sind noch rund 9 % der Fläche des Landschafstraumes von Wäldern geprägt.
Die Emscher sowie die meisten ihr zufließenden Bäche sind seit beinahe 100 Jahren kanalisiert. Gemeinsam mit dem parallel zu ihr verlaufenden Kanal bildet sie eine wichtige in Ost- West-Richtung verlaufende Freiraumachse, die weitere östlich und westlich der Siedlungsränder verbliebene Freiräume miteinander vernetzt.
Industrie- und Zechenanlagen, in Anknüpfung an eine Vielzahl von Häfen beiderseits des Kanals gelegen, bilden dort, wo ihre Nutzung aufgegeben wurde, ausgedehnte, der ungelenkten Entwicklung überlassene Brachflächen, auf denen Hochstaudenfluren, Gebüsche und Pionierwälder in vergleichbarer Größenordnung wie der Wald das Landschaftsbild prägen.
Der ganze Raum ist von bergbaubedingten Senkungen betroffen, so dass dort, wo im unbebauten Bereich Bergsenkungen bis an oder unter den künstlich gehaltenen Grundwassersümpfungsspiegel abgesunken sind, auch naturnahe Stillgewässer, Röhrichte und Seggenrieder oder Feuchtgrünland das Landschaftsbild bestimmen und Sekundärlebensräume für Tiere und Pflanzen bilden.
Auf einer Reihe von Zechen- und Industrie-Brachflächen kam es in den vergangenen Jahren zur Realisierung neuer Gewerbegebiete, Siedlungen, Einkaufszentren, Sport- und Freizeiteinrichtungen. Hafenstandorte (z.B. Marina Pöppinghausen) und der Rhein-Herne-Kanal werden verstärkt für die Freizeitschifffahrt genutzt. Die urbane Landschaft der Emschertalung zeichnet sich daher heute bereits durch ein zunehmend höheres Angebot an attraktiven Naherholungsangeboten (zahlreiche alte Stadtparks, Emscher-Landschaftspark) und Freizeitmöglichkeiten aus, in die teilweise auch Elemente der Industrie-Folgelandschaft integriert sind.

Historischen Elemente:
 

landwirtschaftliche Restflächen mit strukturierenden Elementen wie Feldgehölze, Baumreihen, Hecken und Raine; Schloss Horst (einst größte vierflügelige Renaissance-Anlage nördlich der Alpen) und Burg Vondern mit Gräften und altholzreichen Schlossparks; alte Gutshöfe und Herrenhäuser wie Haus Ripshorst, Haus Vondern, Haus Crange, Gut Altmengede; Industriedenkmäler aus der Anfangsphase der Industrialisierung im Ruhrgebiet


3 Leitbild, Ziele, Konflikte
Objektkennung:
 

LR-IIIa-103

Konfliktbeschreibung:
 

geplanter Kraftwerks-Neubau in Gelsenkirchen-Hessler;
Siedlungserweiterungen u.a. in den Bereichen Gelsenkirchen-Schalke-Nord, Dortmund-Mengede und -Mengeder Heide; Gewerbegebietserweiterungen u.a. in den Bereichen Gelsenkirchen-Hessler, -Unser Fritz und Ickern
Isolierung und Zerschneidung von Verbundbiotopen durch Straßen (u.a. A42)

Leitbild:
 

Der Masterplan Emscher Landschaftspark 2010 ist regionalplanerisch verbindlich abgesichert und wird nach und nach durch gezielte Maßnahmen gemäß dem Umbaukonzept der Emschergenossenschaft zur Emscher bis 2020 umgesetzt. Der Freiraumverbrauch konnte deutlich reduziert werden, u.a. durch vorrangige Nachnutzung von Verkehrs-, Gewerbe- und Industriebrachen unter Berücksichtigung naturschutzfachlicher Erfordernisse. Das Rückgrat des Biotopnetzes bildet der West-Ost-Grünzug entlang der zu einem Fließgewässer naturbetonter Ausprägung umgebauten Emscher und dem Rhein-Herne-Kanal, der naturbetonte Biotope (wie strukturreiche, naturnahe Laubwälder), Elemente der landwirtschaftlich geprägten Kulturlandschaft (z.B. Grünland-Kleingehölz-Komplexe) sowie urban-industrielle Elemente (z.B. alte Parks und Friedhöfe, Industriebrachen und Halden sowie Bergsenkungsgebiete) im urban-industriellen Verdichtungsraum vernetzt. Brachen und Halden wurden durch gezielte Rekultivierung zu wertvollen Sekundärlebensräumen entwickelt, in Bergsenkungsgebieten laufen Sukzessionsprozesse ab. Landwirtschaftlich geprägte Bereiche zeichnen sich durch eine nachhaltige Nutzung aus und sind für die landschaftsbezogene Erholung zugänglich.

Ziel-Massnahmen:
 

Reduzierung des Freiraumverbrauchs durch Nachnutzung von Brachflächen als neue Gewerbe- und Industriestandorte sowie als Wohnquartiere ("Nachnutzung vor Neuverbrauch") unter Berücksichtigung naturschutzfachlicher Erfordernisse (u.a. Erhaltung eines Mindestmaßes an Brachen als Refugiallebensraum sowie Vernetzung von Brachflächen).
Erhaltung, Entwicklung und Sicherung
- von Freiraumbereichen aus Gründen des Klimaausgleichs, für die wohnortnahe Naherholung und den Biotopverbund u.a. durch planerische Sicherung der Verbundkorridore des RVR, durch Rekultivierung der Halden, Industrie- und Verkehrsbrachen (vgl. oben) sowie natürliche Sukzession in Bergsenkungsbereichen und durch Erhalt und Förderung struktur- und altholzreicher Parks, Friedhöfe und Gärten;
- naturnaher, altholz- und totholzreicher Wälder mit bodenständiger Laubholzbestockung durch naturnahe Waldbewirtschaftung;
- der Reste der landwirtschaftlich geprägten Kulturlandschaft durch nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung;
- von Kleinstrukturen wie Feldgehölze, Baumreihen, Hecken und Raine.
Umbau der Emscher und ihrer Nebenbäche zu Fließgewässern naturbetonter Ausprägung u.a. durch Aufweitung des Profils, Reduzierung der Deiche und das Zulassen einer natürlichen Gewässerdynamik.



4 Naturausstattung
Objektkennung:
 

LR-IIIa-103

Gesteine:
 

(Aue und Niederterrasse) / (kleinflächig)

Hauptbodentyp:
 

(stellenweise Podsol-Gley)

Geologische Besonderheiten:
 

Findling

Bodentypische Besonderheiten:
 

schutzwürdig aus Gründen der Biotopentwicklung: Gleye und Pseudogley-Gleye (schutzwürdige Grundwasserböden); kleinflächig Pseudogleye und Pseudogley-Gleye (schutzwürdige Staunässeböden); kleinflächig Gley-Braunerde im Raum Ickern (schutzwürdige tiefgründige Sandböden)

Klima:
 

ozeanisch; mittlerer Jahres-Niederschlag 750 bis 800 mm , Niederschlags-Maximum im Juli/August, mittlere Jahrestemperatur 9,5 bis 10,0 Grad C

Relief:
 

eben, östlich von Henrichenburg teilweise flachwellig

ökologische Ressourcen:
 

siedlungsnahe Naherholung im Bereich der Regionalen Grünzüge (Stadt- und Revierparks) und im Wald-Offenlandbereich um Ickern und Mengede; ökologisches Potential der Emscher nach erfolgter Wiederentwicklung der Flusslandschaft

ökonomische Ressourcen:
 

bedeutende Wasserstraße (Rhein-Herne-Kanal)


5 Biotope, Leitarten
Objektkennung:
 

LR-IIIa-103


Potentielle natürliche Vegetation:
 

, (typicum und molinietosum)
, (kleinflächig in Auenbereichen im Raum Mengede)


6 Verwaltungstechnische Informationen
Objektkennung:
 

LR-IIIa-103

Objektbezeichnung:
 

Emschertalung

Digitalisierte Fläche (ha) / (Digitize area (in hectares)):
 

5.746,4816

Höhe über NN (height above sea level):
 

min. 29 m, max. 75 m


Gebietskoordinate (x-, y-coordinate):
 

R: 352447, / H: 5707182


Projektbezug:
 

WV-Nr. 32-537.10-2232 Überarbeitung Landschaftsräume

Literatur:
 

Meisel, 1960 (Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 97 Münster, Geographische Landesaufnahme 1:200000) / Burggraaff, 2000 (Fachgutachten zur Kulturlandschaftspflege in NRW; Siedlung und Landschaft in Westfalen Bd. 27) / von Kürten, 1977 (Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 95/96 Kleve/Wesel, Geographische Landesaufnahme 1:200000) / Paffen et al., 1963 (Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 108/109 Düsseldorf-Erkelenz, Geographische Landesaufnahme 1:200000) / Burrichter, 1973 (Die pot. nat. Vegetation in der Westfäl. Bucht; Siedlung und Landschaft in Westfalen Bd. 8) / Gorzny, 2001 (Burgen, Schlösser und Adelssitze im Emscher Landschaftspark) / Thiesies, 1996 (Im Herzen des Ruhrgebietes: Der Emscher Park Wanderweg) / Sieverts (Hrsg.) 1991 (IBA Emscher Park: Zukunftswerkstatt für Industrieregionen)

Bearbeitung:
 

Kartier-, Planungsbüro:
 

Luwe

 

Datum: 24.11.2004, Datenerfassung, Digitalisierung

 

Planungsbüro Erdmann

 

Datum: 01.12.2012, Datenerfassung, Digitalisierung

Allgemeine Bemerkungen:
 

Aktualisierung durch Planungsbüro Erdmann, 12/2012