1 Allgemeine Informationen
Objektkennung:
 

LR-IIIa-102

Landschaftsraumbezeichnung:
 

Noerdliche Emscherrandplatten

Digitalisierte Fläche (ha) / (Digitize area (in hectares)):
 

6.971,5372

Flächenanzahl:
 

1


Landschaftsraumbeschreibung:
 

Der Landschaftsraum reicht im Norden bis an den Fuß des Vestischen Höhenrückens, der eine deutliche Geländestufe mit einem ausgeprägten Quellhorizont bildet, und wird im Süden durch die Talung der in Ost-West-Richtung fließenden Emscher begrenzt. Nach Süden der Emscher zufließende Bäche lösen den Landschaftsraum in halbinselartig in das Emschertal hineinragende Teilflächen auf. Den Untergrund bilden zumeist Emschermergel der Oberkreide, die jedoch von pleistozänen fluviatilen Ablagerungen und Flugsanddecken überlagert werden. Die Bachtäler der Emscher-Nebenbäche weisen überwiegend holozäne lehmige oder tonige Ablagerungen auf. Die Bodenentwicklung wechselt meist auf kurzer Entfernung, je nach Dicke der Flugsand- und Sandlössüberlagerung und Verteilung der Geschiebelehm-Reste. So treten neben Gleyen, Pseudogley-Gleyen und Pseudogley-Braunerden häufiger stauwasserbeeinflusste Pseudogleye auf, daneben auch vergleyte Podsolböden, in den Bachtälern selten Niedermoortorfe. Die meisten Bäche im Landschaftsraum entwässern nach Süden unmittelbar in die Emscher, während im Westen des Raumes einige Bäche zunächst über das Bachsystem der Boye der Emscher zufließen. Weitgehend sind die Bäche des Raumes begradigt und als offene Gerinne kanalisiert. Grundwasserstände und Vorflut sind bergbaubedingt stark verändert.
Die Potentielle Natürliche Vegetation wird von trockenem Eichen-Buchenwald und artenarmem Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwald sowie vielfältigen Übergängen zwischen diesen Typen geprägt. Im Gebiet des Emscherbruchs herrscht über vernässten podsoligen Böden erlenreicher Eichen-Birkenwald vor, angrenzend findet sich auch feuchter Eichen-Buchenwald. Aktuell wird noch etwa ein Viertel der Landschaftsraumfläche von Wäldern, Kleingehölzen und Gebüschen eingenommen. Die größten erhaltenen Waldgebiete sind der Emscherbruch (ca. 310 ha) und der nördlich hieran angrenzende Mühlenbruch (ca. 140 ha). Insgesamt finden sich im Verdichtungsraum nur noch vereinzelt Reste strukturreicher, landwirtschaftlich geprägter Kulturlandschaft (15 % Landwirtschaftsfläche, hiervon 60 % ackerbaulich genutzt). Durch den anhaltenden Siedlungsdruck sind die Freiräume weiterhin stark gefährdet. Aktuell werden fast 60 % des Landschaftsraumes von Siedlungs-, Verkehrs-, Gewerbe- und Industrieflächen eingenommen.


2 Landschaftsentwicklung, Landschaftsbild
Objektkennung:
 

LR-IIIa-102

Landschaftsentwicklung:
 

Vom Frühmittelalter bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts kam es im Westen des Landschaftsraumes entlang des Quellhorizontes am Fuße des Vestischen Höhenrückens, z.B. bei Gladbeck oder südlich von Buer, zur lockeren Besiedlung des Landschaftsraumes. Um 1840 stellte sich dieser Bereich als waldarme, offene, überwiegend ackerbaulich genutzte Kulturlandschaft um die locker gruppierten Einzelhöfe, drubbelartigen Hofgruppen und kleinen Dörfer dar, nur vereinzelt unterbrochen durch kleinere Heideflächen. Der östliche Teil des Landschaftsraumes (u.a. mit dem Emscherbruch, der Hillerheide und der Resserheide) war dagegen von großflächigen, gemeinschaftlich genutzten Heide- und Bruchflächen, sogenannten Marken, eingenommen. Mit der Nordwanderung des Steinkohlen-Bergbaus, der Gelsenkirchen um 1860, den Raum Herten/Recklinghausen um 1875 erreichte, entwickelte sich aus den alten agrarischen Siedlungen Buer, Gladbeck und Herten in kürzester Zeit durch großflächige Bergbau- und Industrie-Ansiedlungen, Siedlungserweiterungen und -verdichtungen eine meist nordwärts gerichtete städtische Besiedlung.
Zahlreiche bedeutende Verkehrsachsen wie zunächst Bahnstrecken und der Rhein-Herne-Kanal, später auch Autobahnen und Bundesstraßen entstanden in der Folge und zerschneiden den Landschaftsraum heute vielfach. Reste landwirtschaftlich geprägter Kulturlandschaft verblieben in den Randzonen der so entstandenen Großstädte. Aufgrund des nach Norden fortschreitenden Bergbaus ist der ursprünglich am Nordrand des Ruhrgebietes gelegene Landschaftsraum heute mit den Städten der Emscherzone, wie Gelsenkirchen und Herne, zum Kern des Ruhrgebietes zu zählen. Mit den Bergbaukrisen ab 1965 setzte innerhalb des Landschaftsraumes eine postindustrielle Phase, geprägt von Industrie- und Bergbaubrachen und Bevölkerungsrückgang ein.
Die aktuelle Entwicklung zu einer mehr dienstleistungsorientierten Gesellschaft vollzieht sich nur langsam und dokumentiert sich in Einkaufs-, Gewerbe- und Freizeitzentren sowie einer durch Grünzüge und eine erlebbare Stadt-Umwelt erhöhte Lebensqualität in den Wohnquartieren dieser "tertiären" Kulturlandschaft.

Landschaftstyp:
 

Verdichtungsraum

Landschaftsbild:
 

Die Nördlichen Emscherrandplatten zwischen Gladbeck-Brauck und Castrop-Rauxel-Henrichenburg stellen eine hoch verdichtete, von der ehemaligen Zechen- und Montanindustrie (bzw. deren Brachen) auch heute noch geprägte Stadtlandschaft dar, in deren Randzonen eine landwirtschaftlich geprägte Kulturlandschaft nur ansatzweise verblieben ist. Die der Emscher zufließenden Bäche sind fast durchweg begradigt, häufig sogar kanalisiert. Größere Waldbereiche mit Resten naturnaher Laubmischwälder finden sich nur an wenigen Stellen, wie im Emscherbruch, im Mühlenbruch und in der Hohenhorster Heide. Bergsenkungsbereiche weisen als Sekundärbiotope neben naturnahen Gewässern auch Röhrichte und Seggenrieder sowie Pionier-Feuchtwälder auf.
Neben der Stadtlandschaft dominieren begrünte Bergehalden, die Ausblicke auf die südlich gelegene Emschertalung ermöglichen, und Industriebrachen als Elemente der Industriefolgelandschaft das Landschaftsbild und ergänzen teilweise das bestehende Angebot an Naherholungs- und Freizeitmöglichkeiten.

Historischen Elemente:
 

landwirtschaftliche Restflächen mit strukturierenden Elementen wie Baumreihen, ebenerdige und Wallhecken; kleinflächig Plaggenesche als Überbleibsel mittelalterlicher Landbewirtschaftung; Wasserschloss Wittringen und Schloss Herten mit altholzreichem, dendrologisch interessantem Schlosspark; Industriedenkmäler aus der Anfangsphase der Industrialisierung


3 Leitbild, Ziele, Konflikte
Objektkennung:
 

LR-IIIa-102

Konfliktbeschreibung:
 

bergbaubedingte Senkungen im Raum Herten/Recklinghausen (Prognose: bis ca. 6 m); Siedlungserweiterungen u.a. in den Bereichen Recklinghausen-Röllinghausen, Recklinghausen-Stuckenbusch, Gelsenkirchen-Beckhausen, Gelsenkirchen-Bismark und Gladbeck-Brauck
Erholungsverkehr (Emscherbruch)
Zerschneidung der Verbundbiotope durch Straßen (u.a. A2)

Leitbild:
 

Der Masterplan Emscher Landschaftspark 2010 ist regionalplanerisch verbindlich gesichert und wird nach und nach durch gezielte Maßnahmen in den Regionalen Grünzügen sowie, direkt südlich an den Landschaftsraum angrenzend, im Bereich des Emschertales umgesetzt. Der Freiraumverbrauch konnte deutlich reduziert werden, auch durch vorrangige Nachnutzung von Verkehrs-, Gewerbe- und Industriebrachen unter Berücksichtigung naturschutzfachlicher Erfordernisse. Der urban-industrielle Verdichtungsraum wird von einem Biotopnetz durchzogen, das sich aus naturbetonten Biotopen (z.B. alte Wälder), Elementen der landwirtschaftlich geprägten Kulturlandschaft (z.B. Grünland-Kleingehölz-Komplexe) sowie urban-industriellen Elementen (z.B. alten Parks und Friedhöfen, Industriebrachen und Halden, Bergsenkungsgebieten) zusammensetzt. Brachen und Halden wurden durch gezielte Rekultivierung zu wertvollen Sekundärlebensräumen entwickelt, in Bergsenkungsgebieten laufen Sukzessionsprozesse ab. Die ehemals begradigten Nebenbäche der Emscher ergänzen nach ihrem Umbau die Vernetzung der unterschiedlichen Elemente des Biotopverbundes im Verdichtungsraum.

Ziel-Massnahmen:
 

Reduzierung des Freiraumverbrauchs durch Nachnutzung von Brachflächen als neue Gewerbe- und Industriestandorte sowie als Wohnquartiere ("Nachnutzung vor Neuverbrauch") unter Berücksichtigung naturschutzfachlicher Erfordernisse (u.a. Erhaltung eines Mindestmaßes an Brachen als Refugiallebensraum);
Erhaltung, Entwicklung und Sicherung
- von Freiraumbereichen aus Gründen des Klimaausgleichs, für die wohnortnahe Naherholung und den Biotopverbund u.a. durch planerische Sicherung der Verbundkorridore des RVR, durch Rekultivierung der Halden, Industrie- und Verkehrsbrachen (vgl. oben), Sukzessionsprozesse in Bergsenkungsbereichen und durch den Erhalt und die Förderung struktur- und altholzreicher Parks, Friedhöfe und Gärten;
- naturnaher Wälder mit bodenständiger Laubholzbestockung durch naturnahe Waldbewirtschaftung;
- der Relikte der landwirtschaftlich geprägten Kulturlandschaft durch nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung;
Erhalt von Kleinstrukturen wie Baumreihen, Hecken und Feldgehölzen;
Umbau der Bäche zu Fließgewässern naturbetonter Ausprägung.



4 Naturausstattung
Objektkennung:
 

LR-IIIa-102

Geologie:
 

(kleinere Flächen)

Gesteine:
 

(Emschermergel, Recklinghäuser Sandmergel) / (Raum Gladbeck)

Hauptbodentyp:
 

(teilweise Podsol-Gley) / (teilweise vergleyter Brauerde-Podsol)

Geologische Besonderheiten:
 

holozäne Ablagerungen in den Bachtälern

Bodentypische Besonderheiten:
 

Bodenarchiv: kleinflächig Graubrauner Plaggenesch (Raum Gladbeck und Röllinghausen); schutzwürdig aus Gründen der Biotopentwicklung: Pseudogleye, selten Pseudogley-Gleye (schutzwürdige Staunässeböden); Gleye und Podsol-Gleye (schutzwürdige Grundwasserböden); kleinflächig Podsole und Braunerde-Podsole (schutzwürdige tiefgründige Sandböden); kleinflächig schutzwürdige Niedermoorböden (Holzbach-Aue bei Herten);

Klima:
 

ozeanisch; mittlerer Jahres-Niederschlag um 800 mm , Niederschlags-Maximum im Juli/August, mittlere Jahrestemperatur 9,5 bis 10,0 Grad C

Relief:
 

eben bis flachwellig

ökologische Ressourcen:
 

siedlungsnahe Naherholung

ökonomische Ressourcen:
 

Abbaufelder Steinkohle (Verbundbergwerk Auguste Victoria/Blumenthal); Abfallwirtschaft (Zentraldeponie Emscherbruch, RZR Herten Siedlungs- und Sonderabfallverbrennung)


5 Biotope, Leitarten
Objektkennung:
 

LR-IIIa-102


Potentielle natürliche Vegetation:
 

, (Bereiche östlich Emscherbruch)
, (Emscherbruch)


6 Verwaltungstechnische Informationen
Objektkennung:
 

LR-IIIa-102

Objektbezeichnung:
 

Noerdliche Emscherrandplatten

Digitalisierte Fläche (ha) / (Digitize area (in hectares)):
 

6.971,5372

Höhe über NN (height above sea level):
 

min. 30 m, max. 64 m


Gebietskoordinate (x-, y-coordinate):
 

R: 359234, / H: 5713317


Projektbezug:
 

WV-Nr. 32-537.10-2232 Überarbeitung Landschaftsräume

Literatur:
 

von Kürten, 1977 (Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 95/96 Kleve/Wesel, Geographische Landesaufnahme 1:200000) / Burggraaff, 2000 (Fachgutachten zur Kulturlandschaftspflege in NRW; Siedlung und Landschaft in Westfalen Bd. 27) / Burrichter, 1973 (Die pot. nat. Vegetation in der Westfäl. Bucht; Siedlung und Landschaft in Westfalen Bd. 8) / Gorzny, 2001 (Burgen, Schlösser und Adelssitze im Emscher Landschaftspark) / Thiesies, 1996 (Im Herzen des Ruhrgebietes: Der Emscher Park Wanderweg) / Sieverts (Hrsg.) 1991 (IBA Emscher Park: Zukunftswerkstatt für Industrieregionen)

Bearbeitung:
 

Kartier-, Planungsbüro:
 

Luwe

 

Datum: 22.11.2004, Datenerfassung, Digitalisierung

 

Planungsbüro Erdmann

 

Datum: 01.12.2012, Datenerfassung, Digitalisierung

Allgemeine Bemerkungen:
 

Aktualisierung durch Planungsbüro Erdmann, 12/2012