1 Allgemeine Informationen
Objektkennung:
 

LR-IIIa-100

Landschaftsraumbezeichnung:
 

Vestischer Hoehenruecken

Digitalisierte Fläche (ha) / (Digitize area (in hectares)):
 

15.923,2424

Flächenanzahl:
 

1


Landschaftsraumbeschreibung:
 

Der Landschaftsraum umfasst den flachwelligen, 5 bis 8 Kilometer breiten, in West-Ost-Richtung von Gladbeck über Gelsenkirchen und Recklinghausen nach Horneburg verlaufenden lössbedeckten Rücken, der im Norden durch das Flachwellenland zwischen Sinsen und Brechten und die Flugsanddecken südlich der Dorstener Talweitung, im Süden durch die Emschertalung, über die er sich um 50 bis 60 Meter heraushebt, begrenzt wird. Das Gebiet wird durch Mergel und Mergelsande der Oberkreide geprägt (Recklinghäuser Sandmergel), die nach Süden zum Emschertal eine Stufe aufweisen, an deren Grenze sich ein ausgeprägter Quellhorizont befindet. Auf den vorherrschenden Lösslehm-, randlich auch Sandlössdecken des Raumes haben sich nährstoffreiche Braunerden und Parabraunerden, teilweise auch Pseudogley-Böden entwickelt. In den nach Norden zur Lippe und nach Süden zur Emscher gerichteten Bachtälern und Niederungen treten Gleyböden und Niedermoortorfe auf. Eine größere Zahl zumeist begradigter bzw. stark ausgebauter Bäche entwässern zur Lippe und zur Emscher und gliedern den Raum. Die Potentielle Natürliche Vegetation reicht vom vorherrschenden Flattergras-Buchenwald über trockenen Eichen-Buchenwald hin zum artenarmen Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwald in Tal- und Niederungsbereichen. Nur an wenigen Stellen (u.a. in der Löchterheide und im Telgenbusch) sind größere, naturnahe Buchen- und Eichen-Buchenwälder erhalten. In feuchten Niederungsbereichen kommen kleinflächig erlendominierte Feuchtwälder vor. Wälder, Kleingehölze und Gebüsche nehmen derzeit gut 10 % des Landschaftsraumes ein. Im landwirtschaftlich geprägten Bereich (ca. 40 % der Landschaftsraumfläche) herrscht heute Ackernutzung vor, Dauergrünland findet sich noch in den Bachauen (6 % des Landschaftsraumes). Durch den anhaltenden Siedlungsdruck sind die Freiräume weiterhin stark gefährdet. Derzeit werden 46 % des Landschaftsraumes von Siedlungs-, Verkehrs-, Gewerbe- und Industrieflächen eingenommen.


2 Landschaftsentwicklung, Landschaftsbild
Objektkennung:
 

LR-IIIa-100

Landschaftsentwicklung:
 

Vom Frühmittelalter bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts kam es zur flächendeckenden Besiedlung des Vestischen Höhenrückens, der aufgrund seiner reichen Böden frühzeitig vor allem als Ackerland kultiviert werden konnte. Um 1800 stellte sich der Raum als waldarme, offene Kulturlandschaft mit intensiv genutzten Ackerfluren um die locker gruppierten Einzelhöfe, drubbelartigen Hofgruppen, Dörfer sowie den (kleinstädtischen) Hauptort, die kurkölnische "Vest" Recklinghausen, dar. Die Ackerfluren wurden durch grünlandgenutzte Bachtäler gegliedert, vereinzelt fanden sich auf ärmeren sanddominierten Böden kleinere, gemeinschaftlich genutzte Heideflächen. Letztere wurden nach den gesetzlichen Gemeinheitsteilungen (1821) teilweise mit Kiefer aufgeforstet. Einschneidend für den Raum wirkte sich die Nordwanderung des Steinkohlen-Bergbaus aus, welcher den Norden Gelsenkirchens um 1860, Recklinghausen um 1875 erreichte. Eine explosionsartig einsetzende Industrialisierung mit großflächigen Bergbau- und Industrie-Ansiedlungen, Siedlungsneuanlage und -verdichtung und der (Aus-) Bau zahlreicher bedeutender Verkehrsachsen wie Autobahnen, Bundesstraßen und Bahnstrecken haben seitdem zu landschaftsprägenden Veränderungen geführt. So stellt der Raum heute den Nordrand des Ruhrgebietes dar. Der verbliebene Freiraumgürtel im Norden des Verdichtungsraumes nahm eine andere Entwicklung: Beginnend in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts war eine zunehmende Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung der offenen Kulturlandschaft zu vermerken. In der zweiten Hälfte des 20. Jhdts. setzte sich die Anwendung von Pestiziden, Gülle und Kunstdünger durch. In den Bachauen wurde wegen der vermehrten Anwendung von Mais als Viehfutter die Wiesen- und Weidenutzung zurückgedrängt. Verbliebene Grünlandnutzung erfolgt heute vielerorts nur noch in Verbindung mit Pensions-Pferdehaltung. Über ein Kreis-Kulturlandschaftsprogramm wird versucht, eine extensive Grünlandnutzung, insbesondere in den Bachniederungen zu erhalten bzw. wiederherzustellen.

Landschaftstyp:
 

Verdichtungsraum (75 %), ackergeprägte offene Kulturlandschaft (nördlicher Bereich, 25 %)

Landschaftsbild:
 

Der Raum auf dem Vestischen Höhenrücken ist durch die nördlichen Ruhrgebietsstädte Recklinghausen, Herten, Gelsenkirchen und Gladbeck geprägt, die aus alten agrarischen Siedlungsgründungen am Quellhorizont einer nach Süden zum Emschertal gerichteten Stufe hervorgegangen sind. Nach Nordosten hin schließt sich das Stadtgebiet von Oer-Erkenschwick an, der südliche Stadtbereich von Marl reicht inzwischen weit in die ackerbaulich genutzten Lösslehmgebiete hinein. Zahlreiche vornehmlich in Nord-Süd-Richtung verlaufende Verkehrswege zerschneiden den industriell geprägten Raum, in dessen Norden sich ein zusammenhängender, landwirtschaftlich strukturierter Freiraumgürtel erhalten hat. Der Freiraum wird intensiv zur Naherholung und als Durchgangsraum in den nördlich angrenzenden Naturpark Hohe Mark sowie in die Haardt und in die Lippeaue genutzt. Die Landschaft bietet, obwohl selbst wenig spektakulär, weite Ausblicke in die Emscherniederung, auf die Haard und in die Dorstener Talweitung. Das Landschaftsbild mit seinem Wechsel von städtischer Bebauungen, Zechensiedlungen, alten Drubbeln, Wasserschlössern, Industrie- und Chemieanlagen, Bergehalden, Wäldchen und kleinen Bächen ist als Folge einer schnellen, planerisch oft ungelenkten oder stark an der Nordwärtswanderung des Bergbaus orientierten industriellen Überprägung des ehemals ländlichen Raumes charakteristisch für das nördliche Ruhrgebiet.

Historischen Elemente:
 

Reste der gewachsenen bäuerlichen Besiedlungsstruktur im Norden des Raumes mit drubbelartigen Hofgruppen und Einzelhöfen mit den zugehörigen verbliebenen Baumbeständen, Hausgärten und Weideflächen; Löss-Hohlwege, Alleen, Baumreihen, ebenerdige und Wallhecken; kleinflächig Plaggenesche als Überbleibsel mittelalterlicher Landbewirtschaftung; mehrere z.T. von Gräften umgebene Wasserburgen und Herrenhäuser (u.a. Schloss Berge, Schloss Horneburg, Schloss Westerholt, Haus Bertlich)


3 Leitbild, Ziele, Konflikte
Objektkennung:
 

LR-IIIa-100

Konfliktbeschreibung:
 

geplante Verlängerung Start-/Landebahn Verkehrslandeplatz Marl-Loemühle in Richtung Westen; bergbaubedingte Senkungen im Raum Recklinghausen (Prognose: bis ca. 6 m); Siedlungserweiterungen u.a. in Stadtrandlagen und im Außenbereich von Suderwich, Erkenschwick, Recklinghausen, Marl, Gladbeck; Gewerbegebietserweiterungen u.a. im Außenbereich von Erkenschwick und Recklinghausen (Ortloh, Suderwich)

Leitbild:
 

Die Freiräume auf dem Vestischen Höhenrücken sind als Grünzug in West-Ost-Ausrichtung erhalten und planerisch vor Inanspruchnahme durch weitere Siedlungs- und Gewerbebereiche gesichert. Die Regionalen Grünzüge aus dem Verdichtungsraum sind ebenfalls gesichert und für die siedlungsnahe Erholung zugänglich. Der Freiraumverbrauch konnte insgesamt deutlich reduziert werden, auch durch vorrangige Nachnutzung von Verkehrs-, Gewerbe- und Industriebrachen unter Berücksichtigung naturschutzfachlicher Erfordernisse. Die nach Norden gerichtete Siedlungsentwicklung konnte eingeschränkt werden. Es gibt eine deutliche Trennung zwischen Siedlungsraum und Freiraum. Der urban-industrielle Verdichtungsraum wird von einem Biotopnetz durchzogen, das sich aus naturbetonten Biotopen, Elementen der landwirtschaftlich geprägten Kulturlandschaft sowie urban-industriellen Elementen - zu wichtigen Sekundärlebensräumen entwickelt durch gezielte Rekultivierung oder natürliche Sukzession - zusammensetzt. Landwirtschaftlich geprägte Bereiche zeichnen sich durch eine nachhaltige Nutzung aus und sind für die landschaftsbezogene Erholung zugänglich. Im Bereich des Waldvermehrungskorridors Recklinghausen-Marl-Dorsten konnte eine deutliche Zunahme des Waldflächenanteils erreicht werden. Die zur Lippe fließenden Bachsysteme haben sich durch natürliche Sukzession oder gezielte ökologische Entwicklung zu wichtigen Elementen im Biotopverbundsystem entwickelt und vernetzen die Stadtlandschaft mit der Lippeaue. Die Niederungsbereiche dieser Bäche werden extensiv als Grünland genutzt. Der ökologische Umbau des Emschersystems ist abgeschlossen. Kulturhistorisch bedeutsame Siedlungsformen (Drubbel) und Einzelanlagen (Wasserschlösser u.a.) sind erhalten und werden gepflegt.

Ziel-Massnahmen:
 

Reduzierung des Freiraumverbrauchs durch Nachnutzung von Brachflächen als neue Gewerbe- und Industriestandorte sowie als Wohnquartiere ("Nachnutzung vor Neuverbrauch") unter Berücksichtigung naturschutzfachlicher Erfordernisse (u.a. Erhaltung eines Mindestmaßes an Brachen als Refugiallebensraum);
Erhaltung, Entwicklung und Sicherung
- von Freiraumkorridoren aus Gründen des Klimaausgleichs, für die naturgebundene Erholung und den Biotopverbund u.a. durch planerische Sicherung des West-Ost-Grünzuges auf dem Vestischen Höhenrücken und der Verbundkorridore des RVR, durch Rekultivierung der Halden, Industrie- und Verkehrsbrachen (vgl. oben) sowie natürliche Sukzession in Bergsenkungsbereichen, durch Erhalt und Förderung struktur- und altholzreicher Parks, Friedhöfe und Gärten, alter Villen und Herrensitze, durch Erhalt und vorsichtige Sanierung gartenreicher Bergarbeitersiedlungen sowie durch Siedlungsrandgestaltung und feste Grenzziehung;
- abschnittsweise naturnaher Bäche (u.a. Loemühlenbach, Mühlenbach und Silvertbach) zu möglichst naturnahen Fließgewässersystemen durch natürliche Sukzession oder gezielte ökologische Verbesserung der Fließgewässer;
- naturnaher Wälder mit bodenständiger Laubholzbestockung durch naturnahe Waldbewirtschaftung und Entwicklung von Alt- und Totholzanteilen;
- der landwirtschaftlich geprägten Kulturlandschaft und der fruchtbaren Böden durch nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung (u.a. traditionelle Grünlandnutzung an Auenstandorten);
Erhalt historisch gewachsener Strukturen wie Hohlwege, Alleen, Feldgehölze, Baumreihen und (Wall-) Hecken;
Umbau der begradigten bzw. kanalisierten Bäche zu Fließgewässern naturbetonter Ausprägung.



4 Naturausstattung
Objektkennung:
 

LR-IIIa-100

Hauptbodentyp:
 

(z.T. Podsol-Braunerde)

Geologische Besonderheiten:
 

kleinflächig holozäne Ablagerungen in den Bachtälern, Quellgruppe, Quelle

Bodentypische Besonderheiten:
 

Bodenarchiv: kleinflächig oberflächennahe Mergel und Sande der Oberkreide (Raum Zweckel-Feldhausen); schutzwürdig aus Gründen der Bodenfruchtbarkeit: großflächig Pseudogley-Parabraunerden, Braunerden und Podsol-Braunerden; kleinflächig im Raum Recklinghausen: Kolluvialböden; Bodenarchiv: kleinflächig Plaggenesche; Gleye aus pleistozänen Schmelzwasserablagerungen (im Raum Feldhausen); schutzwürdig aus Gründen der Biotopentwicklung: kleinflächig Pseudogleye und Pseudogley-Gleye (schutzwürdige Staunässeböden); kleinflächig schutzwürdige Niedermoorböden in Bachtälern;

Klima:
 

ozeanisch; mittlerer Jahres-Niederschlag 800 bis 850 mm , Niederschlags-Maximum im Juli/August, mittlere Jahrestemperatur um 9,5 Grad C

Relief:
 

flachwellig

ökologische Ressourcen:
 

Landwirtschaft; siedlungsnahe Naherholung; Frischluftschneise für das nördliche Ruhrgebiet (klimaökologischer Ausgleichsraum)

ökonomische Ressourcen:
 

Abbaufelder Steinkohle (Verbundbergwerk Auguste Victoria/Blumenthal)


5 Biotope, Leitarten
Objektkennung:
 

LR-IIIa-100



6 Verwaltungstechnische Informationen
Objektkennung:
 

LR-IIIa-100

Objektbezeichnung:
 

Vestischer Hoehenruecken

Digitalisierte Fläche (ha) / (Digitize area (in hectares)):
 

15.923,2424

Höhe über NN (height above sea level):
 

min. 50 m, max. 116 m


Gebietskoordinate (x-, y-coordinate):
 

R: 357225, / H: 5720493


Projektbezug:
 

WV-Nr. 32-537.10-2232 Überarbeitung Landschaftsräume

Literatur:
 

Burrichter, 1973 (Die pot. nat. Vegetation in der Westfäl. Bucht; Siedlung und Landschaft in Westfalen Bd. 8) / Burggraaff, 2000 (Fachgutachten zur Kulturlandschaftspflege in NRW; Siedlung und Landschaft in Westfalen Bd. 27) / von Kürten, 1977 (Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 95/96 Kleve/Wesel, Geographische Landesaufnahme 1:200000) / Gorzny, 2001 (Burgen, Schlösser und Adelssitze im Emscher Landschaftspark)

Bearbeitung:
 

Kartier-, Planungsbüro:
 

Luwe

 

Datum: 16.11.2004, Datenerfassung, Digitalisierung

 

Planungsbüro Erdmann

 

Datum: 01.12.2012, Datenerfassung, Digitalisierung

Allgemeine Bemerkungen:
 

Aktualisierung durch Planungsbüro Erdmann, 12/2012