1 Allgemeine Informationen
Objektkennung:
 

LR-IIIa-099

Landschaftsraumbezeichnung:
 

Boyplatten

Digitalisierte Fläche (ha) / (Digitize area (in hectares)):
 

5.387,0090


Landschaftsraumbeschreibung:
 

Die Boyplatten stellen eine auffallende Ausbuchtung im Nordwesten der Emschertalung dar, die sich von der flachen Talwasserscheide bei Kirchhellen bis an die Emscherniederung im Sueden Bottrops erstreckt. Die tiefsten Teile sind von den vorwiegend tonig-lehmigen, holozaenen Bachablagerungen der Boye und ihrer Nebenbaeche erfuellt, die sich durch die etwas hoeher gelegenen Platten hindurchziehen. Pleistozaene fluviatile Ablagerungen und Flugsande ueberdecken hoeherer oder geringerer Maechtigkeit oberkreidezeitliche Bottroper Mergel und Osterfelder Sande sowie Geschiebemergel. Die Bodenentwicklung wechselt haeufig auf kurze Entfernung, neben Gleyen und Pseudogleyen (teilweise podsoliert) treten Podsol-Braunerden haeufiger auf. Kleinflaechig haben sich in den Auen Anmoorgleye und Niedermoortorfe entwickelt. Das Gebiet wird von der Boye und zahlreichen Nebenbaechen zur Emscher entwaessert. Im Norden des Raumes ist bei Kirchhellen eine flache Talwasserscheide entwickelt, die zur Schoelsbachniederung im Norden ueberleitet. Somit ist eine durchgehende Talzone ausgebildet, die das Emschertal mit der Dorstener Talweitung (LR-IIIa-082) und damit mit dem Lippetal verbindet. Die potentielle natuerliche Vegetation wird von artenarmem Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwald und trockenem Eichen-Buchenwald sowie Uebergaengen zwischen diesen Typen gepraegt. Daneben tritt feuchter Eichen-Buchenwald kleinflaechig auf. Im "Koellnischen Wald" im Westen der Boyplatten findet sich grossflaechig naturnaher Laubwald. Der Norden des Raumes wird von teilweise reicher strukturierter, landwirtschaftlich gepraegter Kulturlandschaft eingenommen. Der Landschaftscharakter des ueberwiegenden Teils des Boyplatten wird jedoch seit Mitte des 19. Jhdts. als Folge der Nordwanderung des Steinkohlenbergbaus durch Siedlungsverdichtung, Zechen- und Industrieansiedlungen gepraegt. Insbesondere der Bergbau mit einer grossen Zahl von Schachtanlagen, oberirdischen Betriebsflaechen und Bergehalden bestimmt bis heute das Bild des Landschaftsraumes.


2 Landschaftsentwicklung, Landschaftsbild
Objektkennung:
 

LR-IIIa-099

Naturräumliche Zuordnung:
 

Landschaftsentwicklung:
 

Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts wurde der groesste Teil des Landschaftsraumes schwach besiedelt. Diese Bereiche stellten sich als waldarme, offene, teilweise ackerbaulich, teilweise als Gruenland genutzte Kulturlandschaft um die locker gruppierten Einzelhoefe, Hofgruppen und die doerfliche Siedlung Bottrop dar, unterbrochen durch zumeist kleinere, gemeinschaftlich genutzte Heideflaechen. Den Norden des Raumes praegte eine groessere Heideflaeche, die "Hohe Heide". Der Westen war von einem geschlossenen Waldgebiet bedeckt, dem "Koellnischen Wald" mit dem "Voingholz". In der Folge der gesetzlichen Gemeinheitsteilungen (1821) kam es zur Aufforstung der Heideflaechen im Norden des Raumes zumeist mit Kiefern, die bis ca. 1900 weitgehend abgeschlossen war. Gegen 1860 erreichte der Steinkohlenbergbau den Bottroper Raum, was fuer den ueberwiegenden Teil des Gebietes von einschneidender Bedeutung war. Die explosionsartig einsetzende Industrialisierung brachte im Raum Bottrop innerhalb weniger Jahre grossflaechige Bergbau- und Industrie-Ansiedlungen hervor, die dicht besiedelte Stadt Bottrop und die angrenzenden Ruhrgebietsstaedte entstanden. Die Boyebaeche wurden im Stadtgebiet ab dem Beginn des 20. Jhdts. weitgehend kanalisiert und als Schmutzwasserlaeufe genutzt. Zahlreiche bedeutende Verkehrsachsen wie Autobahnen (A2, A31, A42, A52), Bundesstrassen, Bahnstrecken und der Rhein-Herne-Kanal (randlich) entstanden und zerschneiden den Landschaftsraum vielfach. So gehoert der mittlere und suedliche Teil des Raumes heute zum Ruhrgebiet. Grosse Teile des "Koellnischen Waldes" sind bis heute erhalten geblieben und stellen einen der groessten, zusammenhaengenden naturnahen Laubwaelder im nordrhein-westfaelischen Flachland dar. Reste landwirtschaftlich gepraegter Kulturlandschaft finden sich im Innenstadtgebiet von Bottrop nur sehr kleinflaechig. Der noerdliche Teil des Raumes wird dagegen bis heute ueberwiegend landwirtschaftlich genutzt; im Bereich der "Hohen Heide" sind groessere Kiefernforste erhalten geblieben. Ansonsten ueberwiegt intensive ackerbauliche Nutzung, nur im Bereich von Bachauen hat sich teilweise Gruenlandnutzung erhalten.

Landschaftstyp:
 

Verdichtungsraum (70 %), offene ackergepraegte Kulturlandschaft (Nordteil, 15 %), waldreiche Landschaft (Westteil, 15 %)

Landschaftsbild:
 

Der mittlere und suedliche Teil der Boyplatten ist mit dem Innenstadtbereich von Bottrop Teil der hoch verdichteten, von Zechen- und Montanindustrie (bzw. deren Brachen) gepraegten Stadtlandschaft des noerdlichen Ruhrgebietes. Die ehemalige, landwirtschaftlich gepraegte Kulturlandschaft ist hier nur noch kleinflaechig als Relikt in Form kleiner Acker- und Gruenlandreste vorhanden. Die der Emscher zufliessenden Baeche des Boye-Bachsystems sind im Stadtgebiet ueberwiegend kanalisiert. Teilabschnitte von Boye, Vorthbach, Kirschemmsbach u.a. wurden bzw. werden aktuell renaturiert. Als Refugiallebensraeume fuer viele Tier- und Pflanzenarten haben sich mehrere Bergsenkungsbereiche entwickelt, die neben naturnahen Stillgewaessern haeufig Roehrichte, Seggenrieder und Nassgruenland (-Brachen) aufweisen. Auch die das Landschaftsbild des Raumes praegenden und haeufig begruenten Bergehalden sowie Industriebrachen weisen hohe Biotoppotentiale auf. Die Bergehalde "Batenbrock" wurde im Rahmen der IBA Emscherpark (Teilprojekt "Haldenerlebnis Emscherblick") mit einem Stahltetraeder und einer Aussichtsplattform versehen und stellt heute eine der markantesten Landmarken des noerdlichen Ruhrgebietes dar. Der Westliche Teil der Boyplatten wird vom ausgedehnten Waldgebiet der "Koellnischen Waldes" mit dem angrenzenden "Voingholz" und dem "Bischofssondern" eingenommen. Die teilweise naturnahen Laubwaelder sind von sehr grosser Bedeutung fuer Naherholung und Naturerlebnis. Der noerdliche Teil des Landschaftsraumes ist landwirtschaftlich gepraegt und wird ueberwiegend ackerbaulich genutzt. Die Boyplatten stellen heute einen UEbergangsbereich vom Verdichtungsraum des noerdlichen Ruhrgebietes zu den offenen Landschaften des suedwestlichen Sandmuensterlandes und den kiefernwaldgepraegten Niederrheinischen Sandplatten dar. Der Freiraum wird zur landschaftsbezogenen Naherholung und als Durchgangsraum in den noerdlich angrenzenden Naturpark Hohe Mark und in die Lippeaue genutzt. Die Stadtlandschaft noerdlich der Emscher zeichnet sich durch vielfaeltige Naherholungs- und Freizeitmoeglichkeiten aus, in die in zunehmenden Masse auch Elemente der Industrie-Folgelandschaft (wie die weite Ausblicke ueber das Emschertal erlaubenden Halden; ueberregional bedeutsam: Alpin Center auf der Halde Prosperstrasse, Bottrop) integriert werden. Der Landschaftsraum enthält randlich einen lärmarmen Erhoungsraum mit dem Lärmwert < 50 dB (A).

Historischen Elemente:
 

Reste der baeuerlichen Besiedlungsstruktur im Norden des Raumes mit Obstwiesen, Kopfbaeumen, Baumreihen, kleinen Feldgehoelzen, ebenerdigen und Wallhecken sowie Resten des historischen Feldwegenetzes
Mittelalterliche Herrenhaeuser wie Haus Brabeck und Haus Hove
naturnahes, grosses Laubwaldgebiet hoher historischer Kontinuitaet (Koellnischer Wald)


3 Leitbild, Ziele, Konflikte
Objektkennung:
 

LR-IIIa-099

Konfliktbeschreibung:
 

Bergbaubedingte Senkungen im Norden des Landschaftsraumes (Prognose: bis ca. 11m)
geplante Bergehalde Schoettelheide Haniel)
Siedlungserweiterungen in den Bereichen Grafenwald, Boy, Welheim, Vonderort; geplante Erweiterungen Gewerbe- und Industriegebiete bei Rentfort und Ellinghorst

Leitbild:
 

Der Emscher-Landschaftspark ist landesplanerisch verbindlich abgesichert und wird nach und nach durch gezielte Massnahmen in den Regionalen Gruenzuegen sowie im Bereich des Emschertales umgesetzt. Der Freiraumverbrauch konnte deutlich reduziert werden. Der urban-industrielle Verdichtungsraum wird von einem Biotopnetz durchzogen, das sich aus naturbetonten Biotopen, Elementen der landwirtschaftlich gepraegten Kulturlandschaft sowie urban-industriellen Elementen (z.B. alten Parks und Friedhoefen, Industriebrachen und Halden, Bergsenkungsgebieten) zusammensetzt. Brachen und Halden wurden durch gezielte Rekultivierung zu wertvollen Sekundaerlebensraeumen entwickelt, in Bergsenkungsgebieten kann die natuerliche Sukzession ablaufen. Die Biotope werden durch das nach und nach oekologisch verbesserte System der Boye-Baeche miteinander vernetzt. Im Bereich der Forst- und Landwirtschaft findet eine nachhaltige Nutzung statt und die Flaechen sind fuer die landschaftsbezogene Erholung zugaenglich.

Ziel-Massnahmen:
 

Erhaltung, Entwicklung und Sicherung
- von Freiraumbereichen aus Gruenden des Klimaausgleichs, fuer die wohnortnahe Naherholung und den Biotopverbund u.a. durch planerische Sicherung der Verbundkorridore des RVR, durch Rekultivierung der Halden, Industrie- und Verkehrsbrachen sowie natuerliche Sukzession in Bergsenkungsbereichen und durch Erhalt und Foerderung struktur- und altholzreicher Parks, Friedhoefe und Wohnquartiere (alte Bergarbeitersiedlungen);
- der Baeche des Boye-Systems zu weitestgehend durchgaengigen Fliessgewaessern naturnaher Auspraegung, besonderes Augenmerk sollte auf dem Erhalt von Spechtsbach und Schoettelbach als naturnahe, tlw. maeandrierende Fliessgewaesser liegen;
- naturnaher, altholzreicher Waelder mit bodenstaendiger Laubholzbestockung durch naturnahe Waldbewirtschaftung, mit besonderem Augenmerk auf den Waldkomplex "Koellnischer Wald";
- der landwirtschaftlich gepraegten Kulturlandschaft durch Erhalt historisch gewachsener Strukturen wie Feldgehoelze, Koepfbaeume, Baumreihen und (Wall-) Hecken sowie durch nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung


Konflikte:
 

Bergsenkung
Halde
Bauflächenerweiterung, Wohnsiedlung
Bauflächenerweiterung, Gewerbe und Industrie


4 Naturausstattung
Objektkennung:
 

LR-IIIa-099

Geologie:
 

Zeitalter Jungpleistozän (Quartär), Zeitalter: Kaenozoikum / Zeitalter Holozän (Quartär), Zeitalter: Kaenozoikum / Zeitalter Oberkreide, Zeitalter: Mesozoikum

Gesteine:
 

Flugsand / fluviatile Ablagerungen / klastische Gesteine (Bottroper Mergel, Osterfelder Sande)

Hauptbodentyp:
 

Gley / Podsol-Gley (teilweise) / Pseudogley / Podsol-Pseudogley (teilweise) / Podsol-Braunerde

Geologische Besonderheiten:
 

holozaene Ablagerungen in den Bachtaelern
Grundmoraene noerdlich von Grafenwald

Bodentypische Besonderheiten:
 

schutzwuerdig aus Gruenden der Biotopentwicklung: kleinflaechig Anmoorgleye (schutzwuerdige Grundwasserboeden)
kleinflaechig schutzwuerdige Niedermoorboeden in Bachauen

Klima:
 

ozeanisch
mittlerer Jahres-Niederschlag um 750 mm , Niederschlags-Maximum im Juli/August,
mittlere Jahrestemperatur um 10,0 Grad C

Relief:
 

flachwellig, im Emschertal eben

ökologische Ressourcen:
 

siedlungsnahe Naherholung

ökonomische Ressourcen:
 

Abbaufelder Steinkohle (Bergwerk Prosper-Haniel)
kleine Feinsand-Lagerstaetten im suedwestlichen Stadtgebiet von Bottrop


5 Biotope, Leitarten
Objektkennung:
 

LR-IIIa-099


Potentielle natürliche Vegetation:
 

Stellario holosteae-Carpinetum betuli , Sternmieren-Stieleichen-Hainbuchenwald
Periclymeno-Fagetum typicum , Trockener Eichen-Buchenwald
Periclymeno-Fagetum molinietosum , Feuchter Eichen-Buchenwald (kleinflaechig)

Lebensraumtypen - Biotoptypen:
 

ohne Lebensraumtyp
 

Biotoptyp: Großseggenried (CD0)

 

Biotoptyp: Röhrichtbestand (CF0)

 

Biotoptyp: Nass- und Feuchtgrünland (EC0)

 

Biotoptyp: Nass- und Feuchtgrünlandbrache (EE3)

 

Biotoptyp: Halde, Aufschüttung (HF0)

 

Biotoptyp: Stadtpark, Schlosspark (HM1)

 

Biotoptyp: Eichen-Buchenmischwald (AA1) (FFH-Gebiet Koellnischer Wald, altholzreich)

 

Biotoptyp: Tieflandbach (FM5)

 

Biotoptyp: Bergsenkungsgewässer (FR0)


6 Verwaltungstechnische Informationen
Objektkennung:
 

LR-IIIa-099

Objektbezeichnung:
 

Boyplatten

Digitalisierte Fläche (ha) / (Digitize area (in hectares)):
 

5.387,0090

Höhe über NN (height above sea level):
 

min. 30 m, max. 62 m


Gebietskoordinate (x-, y-coordinate):
 

R: 2560524 / H: 5707442

Geometr. Genauigkeit:
 

Maßstab 1:5.000


Literatur:
 

Burggraaff, 2000 (Fachgutachten zur Kulturlandschaftspflege in NRW; Siedlung und Landschaft in Westfalen Bd. 27) / von Kuerten, 1977 (Die naturraeumlichen Einheiten auf Blatt 95/96 Kleve/Wesel, Geographische Landesaufnahme 1:200000) / Burrichter, 1973 (Die pot. nat. Vegetation in der Westfael. Bucht; Siedlung und Landschaft in Westfalen Bd. 8) / Thiesies, 1996 (Im Herzen des Ruhrgebietes: Der Emscher Park Wanderweg) / Sieverts (Hrsg.) 1991 (IBA Emscher Park: Zukunftswerkstatt fuer Industrieregionen)

Bearbeitung:
 

Kartier-, Planungsbüro:
 

Luwe

 

Datum: 22.11.2004, Datenerfassung, Digitalisierung