Landschaftsraum (LR)


1 Allgemeine Informationen

Objektkennung:
LR-I-030

Objektbezeichnung:
Selfkant

Digitalisierte Flächengröße:
19867.1907 ha

Beschreibung:
Der Selfkant umfasst den südwestlichen Teil des Niederrheinischen
Tieflandes und bildet die weitgehend ebene Schotterlehmlandschaft
der Hauptterrassenplatten zwischen Wurm-, Rur- und Maastal.
Der Landschaftsraum umfasst den unmittelbaren Bereich der
Selfkant-Terrassenplatte, deren zentraler Bereich die leicht
nach Norden geneigte Geilenkirchener Lehmplatte (85 - 55 m) ist.
Diese geht im Westen bei Höngen-Tüddern entlang einer 12 m hohen
Geländestufe in die Mittelterrassenebene von Havert (47 m) über
und fällt nach allen Seiten zu den umgebenden Talniederungen ab.
In die Geilenkirchener Lehmplatte sind die Niederungszüge des
Rodebaches und des Saeffeler Baches tief eingeschnitten; sie
verlaufen in Ost-West-Richtung und fließen der Maasebene zu.
Das Saeffeler Bachtal beginnt in der Ursprungsmulde von
Birgden und ist asymmetrisch mit steilen Nord- und flach
ausgezogenen Südhängen in die Terrassenplatte eingeschnitten.
Die Niederung des Rodebach bildet mit seiner bis 1 km breiten Aue
den Schalbruch und Gangelter Bruch (35 - 43 m).
Nach Süden bilden Rodebach/Gangelter Bruch die Grenze
zur Lößlehmlandschaft der Jülicher Börde. Im Südwesten geht der
Selfkant in die Maas-Niederterrassenebene über.
Der geologische Untergrund wird von jungtertiären fluviatilen
Sanden und limnischen Tonen gebildet, die von
Hauptterrassensedimenten (Schotter, Kiese und Sande) von Rhein und
Maas überlagert werden. Randlich bedecken Flugsand- und
Dünenfelder die Selfkant-Terrassenplatte.
Kennzeichnend für den Landschaftsraum ist die großflächige
Überdeckung mit Sandlöss und sandigem Löß der Weichsel-Kaltzeit,
der über den Terrassenschottern lagert und eine meist um 2 m
mächtige sandige Decklehmschicht gebildet hat.
Hauptbodentyp der Selfkant-Terrassenplatte sind meist tiefgründige
Parabraunerden, z.T. Pseudogley-Parabraunerden, deren
potentielle natürliche Vegetation vom Flattergras-Buchenwald
dominiert wird.
Eingesprengt finden sich Braunerden aus Sandlöss mit Pseudogley- und
Gley-Braunerden. Diese Standorte, v.a. an den Talhängen der Bäche zu
finden, werden vom feuchten Buchen-Eichenwald des Flachlandes
besiedelt. Örtlich sind in Geländemulden Pseudogleye
entwickelt; die Trockentälchen sind mit Kolluvien gefüllt.
Der Bereich Hahnbusch wird von stark verarmten, lehmig-sandigen,
podsolierten Pseudogley-Gleyböden eingenommen.
Auf den Flugsandböden und flachgründigen Kuppenlagen haben sich
Podsole entwickelt, die Standorte des trockenen Buchen-Eichenwaldes
und kleinflächig des Eichen-Birkenwaldes bilden.
Die Bachniederungen werden von einem Mosaik aus Naßböden mit
Gleyen, Naßgleyen, Anmoorgleyen und stw. Niedermooren geprägt.
In den größeren Auen z.B. des Saeffeler Bach, Gangelter Bruch und
Rodebach stockt der Traubenkirschen-Erlen-Eschenwald
mit Erlenbruchwald und Übergängen zu Eichen-Hainbuchenwäldern,
in den kleineren Bachtälchen der Artenreiche
Sternmieren-Stieleichen-Hainbuchenwald.
Ausgeprägte Niedermoorstandorte tragen Erlenbruchwälder des
Flachlandes.
Durch seine randliche Übergangslage zum
Niederrheinischen Tiefland hin liegt der Selfkant im atlantischen
Klimaeinflußbereich, was sich in einer mittleren
Jahresniederschlagsmenge von 650 - 750 mm mit abgeschwächtem
Sommerregen und verzögerten phänologischen Phasen andeutet;
Die Luv-Lage zum Hohen Venn ist noch bemerkbar.


2 Landschaftsentwicklung, Landschaftsbild

Objektkennung:
LR-I-030

Naturräumliche Zuordnung:
Selfkant (570)

Landschaftsentwicklung:
Die Bezeichnung "Selfkant" leitet sich von der Flurbezeichnung
"Safelkant" für die Gegend um den heutigen Saeffeler Bach ab.
Die Parabraunerden der Geilenkirchener Lehmplatte bieten
vorwiegend mittelschwere, gute Ackerböden ertragreiche
Ackerböden und führten schon früh zu Waldrodungen.
Die Terrassenplatten waren schon Anfang des vorigen Jahrhunderts
nahezu waldfrei.
Auf den sandigen Böden befanden sich bis dahin ehemals
größere Heideflächen. In den feuchten Auen- und Niederungszügen
des Gangelter Bruch war ein Komplex aus Sumpf, Bruch, Moor,
Hutungen und eingestreuten Waldflächen ausgebildet.
Die Niederungen des Saeffeler Baches und Hohbruch wurden
damals großflächig von Hutungen eingenommen.
Nach 1820 wurden die Heideflächen überwiegend aufgeforstet
und größere Restwaldflächen gerodet.
Heute sind in dem ackerbaulich geprägten im Landschaftsraum nur
kleine Restwaldflächen zu finden, die teils auf alte Waldbestände,
teils auf Aufforstungen in Auenlagen und auf
ehemaligen Heidestandorten zurückgehen. Die Waldflächen
setzen sich heute auf den ärmeren Böden überwiegend
aus Nadelgehölzen, meist Kiefern, und in den Niederungsbereichen aus
Pappeln zusammen. Der Bereich Hahnbusch trägt einen
Mischwaldkomplex mit bodensaurem Eichenwald mit Fichtenanteil.
Der flugsandüberdeckte Nordrand des Selfkant ist von Kiefernwald und
Heidefragmenten eingenommen und geht in die Niederländische
Grenzheide über. Die sandbedeckten Talrandbereiche bei Süsterseel
sind mit Kiefernmischwaldbeständen bestockt. Bedeutend sind die
Sandmagerrasen und Heiden im Bereich des ehemaligen Safariparks
Tüddern.
Die Bachtäler sind heute weitgehend melioriert und durch intensive
Grünlandnutzung geprägt. Die Fließgewässer sind ausgebaut und
begradigt und werden überwiegend von Ufergehölzstreifen
begleitet, die sich aus Pappelreihen und stellenweise Erlen und
Kopfweiden zusammensetzen.
Die Niederungen werden heute großflächig von frischem bis
stellenweise feuchtem Grünland eingenommen, das von zahlreichen
Gräben, Baum- und Kopfweidenreihen, einigen Hecken und Feldgehölzen
reich gegliedert wird. Stellenweise sind in den Feuchtgrünland- und
Feuchtbrachflächen Kleingewässer, Röhricht- und Seggenriede
eingestreut. Insbesondere im Gangelter Bruch sind noch Erlen- und
Erlenbruchwälder, vereinzelt Auenwaldrelikte erhalten. Häufiger
finden sich Pappelbestände.
An dem Verlauf der grünlanddominierten Bachauen orientieren sich die
auf der Geilenkirchener Lehmplatte charakteristischen,
langgestreckten Straßendörfer.
Die Ortschaften werden teilweise von gutstrukturierten
Ortsrandlagen mit ausgedehnten Gärten, Grünlandflächen, Hecken,
Kleingehölzen und Obstweiden geprägt.
Die zunehmende Siedlungsverdichtung führte zu einem Zusammenwachsen
der Dörfer und löst das historische Bild der langgestreckten
Straßendörfer teilweise auf.

Landschaftsbild:
Das Landschaftsbild des Selfkant wird hauptsächlich durch großflächigen Ackerbau bestimmt.
Dieser Bereich ist weitgehend offen und ausgeräumt, nur vereinzelt sind Strukturen der traditionellen Agrarlandschaft vorhanden.
Einen reizvollen Kontrast bilden die grünlanddominierten, eingeschnittenen Bachtäler, die strukturreiche Leitlinien innerhalb des Landschaftsraumes darstellen. Sie sind durch
naturbetonte Biotope und Elemente der bäuerlichen Kulturlandschaft geprägt; sie enthalten noch Feuchtgrünland, Feucht- und Bruchwaldkomplexe.
Den Ost-West-orientierten Talzügen folgen die langgestreckten Straßendörfer, in deren Ortsbild niederländische Einflüsse unübersehbar sind. An den meist gut strukturierten Ortsrandlagen mit Hecken-Grünland-Obstwiesenkomplexen sind noch Reste der ländlich geprägten Kulturlandschaft erlebbar.
Die kleinen Restwaldflächen auf etwas exponierten, ärmeren sandigen Standorten sind belebende Elemente und weisen mit ihren Heiderelikten auf ehemalige historische Heide- und
Magertriftennutzung hin. Am Nordrand des
Landschaftsraumes vermitteln die lichten Kiefern-Waldflächen zu den ausgedehnten Niederländischen Grenzheideflächen.
Von den etwas herausgehobenen Lagen im Südosten reicht die Sicht in die offene Landschaft der Westlichen Jülicher Börde, bei klarem Wetter auch in größere Ferne bis zum Venn-Rand.
Der Selfkant weist nur eine geringe Bedeutung für die Naherholung auf, die sich auf die Bachtäler und einige Waldbestände beschränkt.


3 Leitbild, Ziele, Konflikte

Objektkennung:
LR-I-030

Konfliktbeschreibung:
- intensive Landwirtschaft
- Gewässerausbau

Leitbild:
Der Selfkant ist im Bereich der Geilenkirchener Lehmplatte eine
gegliederte, agrarische Kulturlandschaft, deren fruchtbare Böden
größtenteils ackerbaulich genutzt und nachhaltig bewirtschaftet
werden. Die Agrarlandschaft ist durch extensiv gepflegte Feldraine,
Feldgehölzinseln sowie Kleingehölze strukturiert.
Die markanten Bachtäler bilden das Grundgerüst des
Biotopverbundsystems und durchziehen die Terrassenplatte
mit naturnahen Auenstrukturen. Die Fließgewässer befinden sich in
einem naturnahen Zustand und werden von Ufergehölzen begleitet. Die
Niederungsstandorte werden durch extensive Grünlandnutzung mit
Feuchtgrünland geprägt.
Hecken und Kopfbäume strukturieren die Auen, in die Feuchtgrünland-
und Bruch-, bzw. Auenwaldbereiche aus bodenständigen
Gehölzen eingestreut sind.
Standorte mit ärmeren Flugsandböden werden von Buchen-,
Eichen-Buchenwäldern und Eichen-Birkenwäldern bestockt. Kleinflächig
eingestreute Heiden und Magerrasen sind als Reste der ehemaligen
Kulturlandschaft erlebbar.
Die landschaftstypischen Straßendörfer werden durch reich
strukturierte Grüngürtel mit Grünland-Kleingehölz-Obstwiesenkomplexen
eingefasst und bilden Vernetzungsstrukturen zu den Bachtälern und
der traditionellen Ackerlandschaft.
Die Erholungs- und Freizeitnutzung in den Niederungszügen und
Waldbeständen wird gelenkt und ist landschaftsangepasst.

Ziel-Massnahmen:
Sicherung, Pflege und Entwicklung einer naturverträglich und nachhaltig genutzten Feldflur mit belebenden und gliedernden Kleinstrukturen durch
- Erhalt, Förderung und Entwicklung aller strukturierenden Landschaftselemente und kulturhistorisch wertvollen Kleinbiotope
wie Kleingehölze, Hecken, Saumbiotope, Brachen, krautreiche Wegraine zu einem Netz aus Saum- und Linienbiotopen
- Sicherung alter Feldfluren
- Erhalt aller Grünlandflächen
- Anlage von Ackerrandstreifen
- Erhalt des Kleinreliefs
Erhalt und Entwicklung naturnaher Bachauen als wertvolle Verbundlinien durch
- Schutz und Erhalt der Quellbereiche
- Erhalt und Entwicklung von naturnahen Fließgewässerabschnitten und ihrer Auenstrukturen
- Erhalt und Förderung standortgerechter Feuchtwälder
- Umwandlung der nicht bodenständigen Gehölze
- naturnahe Gestaltung begradigter und ausgebauter Bachabschnitte
- Anlage und Förderung von Ufergehölzen
- Anlage von Uferrandstreifen
- keine Fischteichanlagen / Stauvorrichtungen
- Entwicklung grünlandgeprägter, reich strukturierter Niederungsabschnitte mit Kleingehölzen und Obstbaumbeständen
als Elemente der Kulturlandschaft der Bachtäler
- Pflege von Kopfbäumen
- Erhalt und Förderung von extensiv genutztem, artenreichen Grünland mit Feuchtgrünland-, Röhricht- und Seggenbeständen
- Vermeidung der Nährstoffanreicherung
- Beschränkung der Düngung
- keine Entwässerung
- Rückführung umgebrochener Flächen zu Grünland in den Auen
Erhaltung und Entwicklung naturnaher, bodenständiger Wälder auf Flugsand- und Staunässe-Standorten sowie Hanglagen durch
- Erhalt aller Restwaldflächen
- naturnahe Waldbewirtschaftung
- Erhöhung der Alt- und Totholzanteile
- Umwandlung nicht bodenständiger und nicht einheimischer Bestände
- Erhöhung des Waldanteils, ggfs. Wiederaufforstung historischer Waldstandorte
- Vernetzung der Gehölzbestände durch Anlage von Säumen und Brachstreifen sowie Neuanlage von Kleingehölzen
Erhalt, Sicherung und Förderung dörflicher Strukturen und traditioneller Ortsrandlagen durch
- Erhalt und Förderung der Strukturelemente der Kulturlandschaft wie Hecken, Obstweiden und Feldgehölz-Grünland-Komplexe
rings um die Ortschaften
Erhalt und Optimierung aller Grünlandflächen in dem intensiv ackerbaulich genutzten Raum
- Heckenpflege
- Erhalt, Förderung und Pflege von Streuobstwiesen mit extensiver Grünlandnutzung
Sonderstandorte:
Erhalt und Optimierung von Heiden und Sandmagerrasen als Relikte der ehemaligen Kulturlandschaft durch
- Offenhalten
- extensive Pflege
- Auflichtung von Kiefernbeständen und Sukzessionsstadien
- Vermeidung Eutrophierung
Erhalt und Optimierung wertvoller Sekundärbiotope (z.B. kleine Abgrabungen, incl. Abgrabungsgewässer)


4 Naturausstattung

Objektkennung:
LR-I-030

Klima:
- atlantisch - mittlere Jahresniederschlagsmenge 650 - 750 mm - abgeschwächter Sommerregen - verzögerte phänologische Phasen


5 Biotope, Leitarten

Objektkennung:
LR-I-030

Lebensraumtypen - Biotoptypen:
Eichenwald (AB0)
Schwarzerlenwald (AC0)
Birkenwald (AD0)
Erlen-Bruchwald (AC4)
Kiefernwald (AK0)
Tieflandbach (FM5)
Altwasser, abgebunden (FC2)
Großseggenried (CD0)
Röhrichtbestand (CF0)
Calluna- bzw. Sandheide (DA1)
Silbergrasflur (DC2)
Nass- und Feuchtweide (EC2)
Nass- und Feuchtgrünlandbrache (EE3)
Magergrünland (ED0)
Fettweide (EB0)
Acker (HA0)
Hecke (BD0)
Kopfbaumgruppe, Kopfbaumreihe (BG0)
Obstanlage (HK0)
ohne Zuordnung (OZ)


6 Verwaltungstechnische Informationen

Objektkennung:
LR-I-030

Objektbezeichnung:
Selfkant

Digitalisierte Fläche (ha):
19867.1907 ha

Höhe über NN:
min. 45 m, max. 85 m

Literatur:
Paffen, K., Schüttler A. & Müller-Miny, H. (1963) (Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 108/109 Düsseldorf-Erkelenz)
Trautmann, W. (1973) (Vegetationskarte der Bundesrepublik Deutschland 1: 200 000 - Potentielle natürliche Vegetation-Blatt CC 5502 Köln. Schriftenreihe für Vegetationskunde 6)
Höhere Forstbehörde Rheinland (1989) (Waldflächenentwicklung im Rheinland: 1820-1980: Teilbereich Städte Krefeld und)
GLA (1977): Bodenkarte 1 (50 000 Blatt 5102 Geilenkirchen)
GLA (1972): Bodenkarte 1 (50 000 Blatt 4902 Erkelenz)
GLA (1973): Bodenkarte 1 (50 000 Blatt 5000 Selkant)

Hinweis:
Erstaufnahme (1998)

Bearbeitung:
(Datum fehlt), Kartier-, Planungsbüro

Allgemeine Bemerkungen:



öffentlicher Report generiert: 13.03.2023 12:08:10    domainobjectid: 2041128    Edate: 06.01.2010