|
Die Juelicher Boerde entspricht dem westlichen Teil der Nieder- rheinischen Bucht. Die ansonsten morphologisch eintoenige, von maechtigen Loessdecken ueberlagerten Hauptterrasse ist durch ei- ne im Untergrund bis heute fortlebende Schollentekttonik in Ein- zelbereiche zerlegt und an den Schollenraendern z.T. unruhig ge- staltet. Morphologiebelebend wirken sich zudem zahlreiche groes- sere und kleinere Fliessgewaesser aus, die z.T. tief bis in das palaeozoische Grundgebirge (Wurmtal), ansonsten in die tertiaeren und quartaeren Deckschichten eingeschnitten sind. Teilweise fol- gen die grossen Taeler von Rur und Erft den nordnordwest-verlau- fenden Verwerfungszonen. Durch Abbau der hier im Untergrund an- stehenden tertiaeren Braunkohlen (Tagebaubetriebe) sind grosse Teile der Einheit stark anthropogen veraendert. Die Juelicher Boerde grenzt im Nordwesten an den Selfkant (570), im Norden an die Schwalm-Nette-Platte (571), im Nordosten an die Kempen-Aldekerker Platten (573), im Osten an die Koeln-Bonner Rhein- ebene (551), im Suedosten an die Ville (552), im Sueden an die Zuelpicher Boerde (553) sowie im Suedwesten an das Aachener Huegel- land (561). Die Niederrheinische Bucht ist eine tertiaere Senkungszone, gefuellt mit marinen Sedimenten (Sand, Ton) und fluviatil-limnischen Ablage- rungen (Kiese, Sande, Tone). Im Kuestenbereich wuchsen in Lagunen und flachen Seen ausgedehnte Sumpfwaelder und Waldmoore, aus denen infolge von Auflast und Setzung die heutigen maechtigen Braunkohle- floeze entstanden. Bereits waehrend der Sedimentationsphasen im Tertiaer wurde der Untergrund in einzelne Schollen zerlegt. Diese weisen unterschiedliche Absenkungs- und Kippungsbetraege auf. Noch heute ist das Gebiet tektonisch aktiv und fuehrt in regelmaessigen Abstaenden zu teils heftigeren Erdbeben. Im Westen (bei Wuerselen) waren die Absenkungsbetraege deutlich ge- ringer, so dass dort der palaeozoische Untergrund (dunkle Ton- u. Schluffsteine mit z.T. maechtigen Sandsteineinschaltungen sowie Steinkohlefloeze) oberflaechennah anstehen. Im Wurmtal sind die Oberkarbongesteine sowie die sie ueberlagernden oligozaenen Sande und pliozaenen Kiese, Sande und Tone vom Fluss angeschnitten wor- den. Auch die Nebenbaeche der Wurm sind bis in die tertiaeren Deck- schichten eingetieft. Weiterhin finden sich oligozaene Sande im Ter- rassenhang der Rur bei Hueckelhoven. Das Tertiaer wird von den hauptsaechlich aus Kiesen bestehenden fluviatilen Bildungen der Aelteren und Juengeren- Hauptterrasse ueberlagert, die gemeinsam von Maas und Rhein im Altpleistozaen aufgeschuettet wurden. Innerhalb der Hauptterrassen- Sedimente wechseln Schotter (z.T. mit grossen Driftbloecken), Fein- bis Grobkiese und groebere Sande (kaltzeitliche Bildungen) mit mehr feinersandigen, schluffigen bis tonigen warmzeitlichen Sedimenten ab. Bei Grevenbroich durchschneidet die Erft die vom Rhein aufge- schuettete Obere- u. Untere Mittelterrasse (schluffiger Sand u. Kies). Waehrend der jungpleistozaenen Weichsel-Kaltzeit kamen im Rur- und Erfttal Niederterrassensedimente (Schluff, Sand, Kies) zur Ablagerung. Zeitgleich zur Niederterrasse entstand das aeoli- sche Sediment Loess. Unter kalt-trockenem Klima wurde Staub vom Wind ausgeblasen und an anderer Stelle wiederabgelagert. Innerhalb der Juelicher Boerde (bei Tietz-Juechem) erreicht der Loess Maechtigkeiten mehr als 20m. Nach Sueden wird die Loessdecke allmaehlich duenner und besitzt im Waldgebiet Die Buerge nur noch eine Restmaechtigkeit von weniger als 2 Meter. Im Holozaen bildeten sich in den Flusstaelern Auensande und -lehme. Die Hochflutlehme ueberdecken die Niederterrasse mit bis zu 2 m Maechtigkeit. Teilweise lassen sich hierbei aeltere (hoeherlie- gende) Auenlehme von juengeren Bildungen unterscheiden. Im Rurtal kam es in einen ehemaligen Flusslauf durch Verlandung zur Nieder- moorbildung. Weitere Niedermoorbildungen liegen im Erfttal sowie in einigen kleineren Nebentaelern. Das Waldgebiet Die Buerge (Hambacher Forst) trennt die Juelicher- von der Zuelpicher Boerde. Das Gebiet ist durch sehr duenne, teil- weise auch fehlende Loess-Schleier ueber Hauptterrassenkiesen ge- kennzeichnet. Morphographisch entspricht es einer Plateaulage zwi- schen 86- u. 129 m NN, wobei einzelne Trockenrinnen das Gebiet durchziehen. Durch den Braunkohletagebau ist das Gebiet bereits deutlich reduziert, eine weitere Ausweitung der Abbaufelder ist fuer die nahe Zukunft geplant. Noerdlich der Buerge schliesst sich die zwischen Rur und Erft gele- gene Oestliche Juelicher Boerde an. Ihr suedlichster Teil ist eine wenig reliefierte Loessplatte, die sich nur schwach nach Norden von etwa 100 m auf 85 bis 90 m abdacht. Die z.T. mehr als 20 m maechti- ge Loessdecke hat bestehende Reliefunterschiede weitgehend nivel- liert. Weiter nach Norden steigt das Gelaende erneut leicht bis auf 120 m an, Grund hierfuer ist eine west-ost-verlaufende Quer- scholle. Die hier bis zu 15 m maechtige Loesslandschaft wird durch flache Ruecken und Kuppen sowie mehrere von Kolluvien erfuellte Trockentaelchen und abflusslose Wannen belebt. Der weiter noerd- lich gelegene Teil der Loessboerde (Erkelenzer Loessplatte) liegt wiederum niedriger (um 90 mNN) und ist in sich sehr flachwellig bis eben ausgebildet. Im Nordwesten hingegen ist die Boerden-Randzone durch kurze, aber tiefe, z.T. asymmetrische Taeler und Trockenrin- nen riedelartig zerschnitten. Bedingt durch eine Horstscholle lie- gen hier tertiaere Quarzsande und Tone relativ hoch und sind in den Talhaengen angeschnitten. Der Gelaendeabfall zur benachbarten Rur- Niederung betraegt bis zu 30 m. Deutliche Gelaendeunterschiede bestehen auch im Osten. Dort faellt die Oestliche Juelicher Boerde steil zur Erftniederung- , weiter noerdlich zum Mittelterrassenniveau (Bedburdyker Loessplatte) ab. Die Boerderaender sind auch hier z.T. riedelartig zerschnitten. Die Bedburdyker Loessplatte ist eine deutlich niedriger liegende, von mehreren Metern Loess bedeckte, dadurch nur flachwellig relie- fierte Terrassenflaeche. Sie wird von drei, normalerweise wasser- fuehrenden, bis 10 m flachmuldig eingetieften Taelern zerschnitten. Die im Osten die Einheit begrenzende Erft folgt anfangs (Berghei- mer Ertftal) noch dem tektonisch vorgezeichneten suedost-nordwest- verlaufendem "Erftsprung", der die oestlich gelegene Ville-Schol- le gegen die Erft-Scholle begrenzt. Der Fluss ist dort begradigt bzw. kanalisiert (Grosse u. Kleine Erft, Erftkanal), nur noch we- nige Altwasser deuten auf das ehemalige starke Maeandern des Ge- waessers hin. Bei Grevenbroich durchbricht die Erft den Villehorst und findet Anschluss an die Rhein-Mittelterrasse. Die oestlich Gre- venbroich ca. 2 km breite Erftniederung wird randlich von flachen Haengen (Mittelterrassenniveau des Rheins gegen Niederterrasse der Erft) begleitet. Durch den von der Ville ausgehenden Braunkohleabbau ist auch das Erfttal stark betroffen und veraendert worden. Der Abbau (Tagebau Garzweiler) reicht mittlerweile auch in die oestlichen Teile der Oestlichen Juelicher Boerde hinein. Das Rurtal zwischen Juelich und Linnich trennt das Oestliche Jue- licher Boerdengebiet vom Westlichen. Die Rur-Niederung ist hier max. 5 km breit und wird von markanten Terrassenhaengen begleitet. Der frueher frei maeandrierende Fluss ist weitgehend begradigt, jedoch sind gebietsweise die ehemaligen Rurschlingen noch erhal- ten (Naturschutzgebiet bei Schloss Kellenberg). Suedlich von Juelich muendet das Inde in die Rur. Das Indetal ist bei Einmuendung des Wehebaches rund 2 km breit. Hier sind neben der rezenten Aue noch jungpleistozaene Niederterrasseflaechen er- halten. Westlich der Rur liegt die Westliche Juelicher Boerde. Zum groess- ten Teil handelt es sich hierbei um eine nach Norden bzw. Nordosten schwach abgedachte morphologisch eintoenige Boerdenlandschaft. Im Norden wird die Loessdecke zunehmend geringer. Der bis zu 200 m hohe Westteil weicht hingegen von den uebrigen Teilraeumen deut- lich ab. Die Loessdecke ist hier sehr viel geringer entwickelt. Auch wirkt sich der Vorflutercharakter, der bis zu 60 m tief einge- schnittenen Wurm stark reliefpraegend auf die ebenfalls stark ein- getieften Seitentaeler aus. In den Seitenhaengen des Wurmtales ste- hen floezfuehrende Schichten des Oberkarbons, ebenso wie tertiaere Sande und Tone an. Die Wurm besitzt einen stark gewundenen Lauf mit etwa 500 m breiter Talsohle. Typische Bodenbildungen der Loessboerden sind Parabraunerde und Pseudogley-Parabraunerde. Das urspruenglich durchgaengig kalkhal- tige Sediment Loess unterlag im Laufe des Holozaens einer stetigen Tonverlagerung und ist natuerlicherweise bis in eine Tiefe von 2 Metern entkalkt. Durch die intensive landwirtschaftliche Nutzung kommt es zu einem verstaerktem Bodenabtrag, so dass mittlerweile wieder kalkhaltiger Loess im Untergrund ansteht. Diese durch Bo- dendenudation entstandenen Boeden muessen als Rendzina bzw. Para- braunerde-Rendzina (erodierte Parabraunerde) angesprochen werden. Das abgeschwemmte Material findet sich u.a. in Form von humusrei- chen Kolluvien in den Trockentaelern bzw- rinnen. Bei geringer Loessdecke oder innerhalb der steileren Terrassenhaen- ge (ueber tertiaeren Sedimenten, Hauptterrassenschottern oder Soli- fluktionsmaterial) sind Braunerden verbreitet. Die weitgehend loess- freien Gebiete der Buerge sind meist staunass (pseudovergleyt). Ebenfalls haeufig pseudovergleyt sind die Boeden im Fussbereich der Talhaenge. Fuer die Rurniederung sind Gleye (Braunerde-Gley, Gley, Nass- bis Anmoorgley) und Braune Auenboeden (teilweise pseudovergleyt) und Auengley charakteristisch, innerhalb eines ehemaligen Rurlaufes kam es nach Verlandung zur Niedermoorbildung. Das Erfttal ist generell viel feuchter (Auengley, Auennassgley, Anmoorgley und Niedermoore), jedoch sind die Bodengesellschaften innerhalb des Tales durch den Braunkohleabbau und den Ausbau der Erft stark veraendert. In den uebrigen Taelern der Nebengewaesser sind Gleye (mit Subty- pen) verbreitet, oertlich kam es zur Bildung von Niedermooren. Kuenstlich veraenderte Boeden im Zusammenhang mit der Braunkohle- gewinnung (Abgrabungsseen, Haldenaufschuettungen) sind besonders bei Grevenbroich, Juelich (Buerge) u. Aldenhoven verbreitet. Dazu kommen Abraumhalden des Steinkohlebergbaus im Bereich des Wurm- Reviers zwischen Uebach-Palenberg und Wuerselen. Weiterhin sind dort Bergsenkungsfelder durch den untertaegigen Abbau nicht sel- ten (sekundaere Feuchtstandorte). Weitere Bergbauhalden aus dem Steinkohlebergbau finden sich bei Hueckelhoven (Erkelenzer Stein- kohlenrevier). Die Juelicher Boerde wird weitgehend landwirtschaftlich genutzt, wobei der Ackerbau dominiert. Die Talniederungen sind, sofern nicht Siedlungsraum oder Industriestandort, Gruenland, hoeherlie- gende Bereiche hierunter z.T. auch Aecker. Groessere Waldbereiche liegen noch im Bereich des Hambacher Fors- tes (Die Buerge) vor (wird durch die geplanten Abbauerweiterungen des Braunkohletagebaus langfristig vernichtet). Weitere Waldgebie- te finden sich in den Talniederungen sowie an den steileren Tal- haengen. Kuenstliche Aufforstungen erfolgten im Bereich von Stein- kohlehalden sowie in den Rekultivierungsflaechen der Braunkohle- reviere. Die natuerliche potentielle Vegetation dieser Einheit ist der Maigloeckchen-Perlgras-Buchenwald der Niederrheinischen Bucht (stellenweise Flattergras-Buchenwald), im Bereich der Buerge der Maigloeckchen-Stieleichen-Hainbuchenwald der Niederrheinischen Bucht. Im Westen bei Herzogenrath ist der Flattergras-Buchenwald (stellenweise Perlgras-Buchenwald) -, ueber staunassen Boeden der Feuchte Eichen-Buchenwald verbreitet. In den breiten Niede- rungen der Rur und Erft kommt der Eichen-Ulmenwald westdeutscher und niederlaendischer Flusstaeler (stellenweise Silberweidenwald) vor, ab Grevenbroich im Erfttal auch der Traubenkirschen-Erlen- Eschenwald (stellenweise Erlenbruchwald und Eichen-Hainbuchenwald). Ansonsten sind in den Taelern und Niederungen Artenreiche Stern- mieren-Stieleichen- Hainbuchenwaelder verbreitet. Das Gebiet ist Altsiedelland, teilweise werden die Loessboeden bereits seit Jahrtausenden bewirtschaftet. Bis 400 n.Chr. gehoerte es zum roemischen Imperium. Roemische Siedlungspuren (u.a. in Jue- lich) sind nicht selten. Siedlungverdichtungen liegen im Rur- (Juelich-Linnich) und Erfttal (Bergheim-Grevenbroich) sowie im ehemaligen Steinkohlegebiet rund um Herzogenrath. Im Wurmtal wird bereits seit dem Mittelalter nach Steinkohle ge- graben, ein Aufschwung erlebte der Bergbau infolge der Industria- lisierung im 19. Jahrhundert (so auch im Erkelenzer Revier). Erst in den letzten Jahrzehnten kam der Bergbau zum Erliegen. Grosse Bedeutung hat der Braunkohleabbau. Die tief liegenden Braunkohle- floeze werden im Tagebauverfahren gewonnen, was grosse Mengen an Abraum, aber auch umfangreiche Grundwasserabsenkungen zur Folge hat. Weiterhin wurden die oberflaechennah anstehenden tertiaeren Sande und Tone im Wurmtal abgebaut. Mehrere Auskiesungen (Nassabgrabun- gen auf Niederterrassenkiese u. -Sande) liegen im Rurtal bei Jue- lich und Barmen.
|