|
Das Untere Mittelrheingebiet ist der noerdliche Teil der Gruppen- einheit Mittelrheingebiet. Es zaehlt zu den submontanen palaeo- zoischen Berglaendern und besteht aus einem weitgehend eingeebne- tem Mittelgebirgsrumpf, dem rechtsrheinisch das groesste Vulkan- gebiet Nordrhein-Westfalens, das Siebengebirge, mit seinen zahl- reichen Vulkankuppen aufsitzt. Der linksrheinische Teil ist weni- ger durch den Vulkanismus als durch die leicht nach Norden einfal- lende Rhein-Hauptterrasse gepraegt. Im Westen grenzt die Einheit an die Zuelpicher Boerde (553), im Nordwesten an die Ville (552), im Nordosten an das Mittelsiegberg- land (330) und im Osten an den Niederwesterwald (324). Die links- und rechtsrheinischen Anteile werden durch die Koeln-Bonner Rhein- ebene weitgehend voneinander getrennt. Das palaeozoische Grundgebirge wird von Gesteinen des Unterdevons gebildet (Ober-Siegen bis Unter-Ems). Es handelt sich hierbei um eine eintoenige Abfolge aus marinen Ton- und Baenderschiefern so- wie eingeschalteten, meist quarzitischen Sandsteinen. Bei der va- riscischen Gebirgsbildung wurden die Gesteine verfaltet, in ueber- geordnete Sattel- und Muldenstrukturen gelegt und von Stoerungen durchsetzt. Im Tertiaer war der Mittelgebirgsrumpf weitgehend eingeebnet und wurde randlich von tertiaeren, fluviatil-limnischen bis marinenen Sedimenten (Sande, Tonen und Kiese, teilweise mit Braunkohlenfloe- zen) ueberlagert. Sie sind zum groessten Teil wieder erodiert, - im Norden des Siebengebirges sind groessere Reste erhalten. Links- rheinisch treten als ein schmaler Streifen laengs des Lengsdorfer Baches auf. Im Zusammenhang mit der Entstehung der Niederrheini- schen Bucht kam es zu heftigen vulkanischen Aktivitaeten. In einer ersten Phase wurden ausschliesslich Trachyttuffe gebildet, die eine Maechtigkeit von urspruenglich etwa 400 m erreichten (heutige Rest- maechtigkeit 100-240 m). In die Tuffe drangen dann in Form von Quellkuppen Trachyte (z.B. Drachenfels), spaeter dann Latite (z.B. Wolkenburg) und zuletzt Basalte (Weilberg) auf. Die meisten Magmen erstarrten innerhalb der Tuffdecke. Nur ein Teil der Basalte floss auch oberirdisch aus. Neben den aelteren Trachyt-Tuffen kam es auch zum Auswurf von Latit- und Basalt-Tuffen. Im Laufe des Tertiaers und Quartaers wurden grosse Teile der Tuff- decke abgetragen, so dass heute die Vulkanintrusionen frei an der Oberflaeche liegen. Im Jungtertiaer begann eine verstaerkte Hebung des gesamten Rhei- nischen Schiefergebirges (Ausbildug einer nach Norden gerichteten Abdachung). Als Folge der Hebung schnitten sich die Gewaesser wie Rhein und Sieg tief in den Untergrund ein. Unter wechselnden Kalt- und Warmzeiten bildeten sich Fluss-Terrassen. Die aeltesten Rhein- terrassen bedecken grosse Flaechen im Bereich des linksrheinischen Kottenforsts. Aus der letzten Kaltzeit stammt das aeolische Staubsediment Loess sowie die groeberkoernigen Flugsande. Letztere kommen, im Gegensatz zum Loess, kleinerflaechiger, meist oberhalb der Sieg-Mittelterras- sen vor. Als letzter Auslaeufer des Vulkanismuses bildete sich der Rodder- berg suedlich Bad Godesberg. Er entstand vor ca. 25.000 Jahren und ist somit der juengste Vulkan Deutschlands. Die links- und rechtsrheinischen Gebietsanteile der Einheit werden durch das Rheintal (Honnefer Talweitung) getrennt. Der enge Talbe- reich wird von Niederterrassensedimenten (Kiese und Sande) sowie holozaenen Rheinabsaetzen gebildet. Im linksrheinische Anteil (Nordteil der Rhein-Ahr-Terrassen) wird die Morphologie von dem weitgehend eingeebneten Grundgbirgssockel bestimmt. Im Suedteil (Drachenfelser Laendchen) liegt dem Sockel neben Resten der Hauptterrasse vor allem Loess auf. Die das Grund- gebirge durchschlagenden Vulkangesteine bilden als Kontrast dazu deutliche Vollformen wie Ruecken, Kuppen u. Haertlinge. Der noerdliche Teil (Kottenforst) wird durch die fast geschlossene Ueberdeckung mit Hauptterassenschottern gepraegt. Diese nur sehr gering nach Norden hin abfallende Terrassenflaeche wird nur von wenigen Baechen (u.a Lengsdorfer Bach) zerschnitten. Am Rande die- ser Bachtalungen tritt wiederum Loss in groesserer Maechtigkeit auf. Beherrschendes morphologisches Element auf der rechten Rheinseite ist das Siebengebirge mit seinen z.T. weit sichtbaren Vulkanber- gen. Insgesamt existieren 20 derartiger Vulkankuppen, die teilwei- se von tief in die Tuffe eingeschnittenen Taelern, den Siefen, ge- trennt werden (von den Siefen laesst sich auch der urspruengliche Name "Siefengebirge" herleiten, erst spaeter wurde daraus das Sie- bengebirge). Rheinwaerts faellt das Gelaende generell steil ab, hier ist z.T. auch das Grundgebirge angeschnitten. Nach Norden folgt das Pleiser Huegelland. Der Grundgebirgssockel wird hier von tertiaeren Sedimenten und Hauptterrassen-Schottern ueberlagert, die wiederum eine bis 10 m maechtige Loessdecke auf- liegen kann. Besonders am Aussenrand des Pleiser Laendchens oder in den teilweise tief eingeschnittenen Talhaengen der Baeche, die die Gesamtflaeche riedelartig zerschneiden, stehen die terti- aeren und altpleistozaenen Sedimente oberflachennah an. Dazwischen ragen einzelne Basaltkuppen als weniger imposante, da waehrend der Haupterrasenzeit weitgehende nivellierte Haertlinge hervor. Am Nordrand des Pleiser Huegellands finden sich gelegentlich Flug- sandfelder. Die haeufigste Bodenart im Siebengebirge ist die Braunerde, die in Unterhanglagen in Pseudogley-Braunerden, bei Muldenlagen in Pseudo- gleye uebergehen kann. Im Kuppenbereich ist der Ranker verbreitet. Fuer das Pleiser Laendchen sind Parabraunerden und Pseudogley-Para- braunerden charakteristisch. Bei verstaerkter Erosion des Oberbodens liegen sie als Rendzina vor. Bei stauenden Gesteinen im Untergrund (tertiaere Tone) sind Pseudogleye aus Fliesserden verbreitet. Ueber sandigem Ausgangsmaterial (tertiaere Sande, Flugsande) sind podso- lige Braunerden bis Podsol-Braunerden typisch. In den groesseren Bachtaelern findet sich der Braune Auenboden, stellenweise auch der Auengley. Ansonsten sind fuer die Bachtaeler Gleye, z.T. auch Braunerde-Gley oder auch Nassgley charakteristisch. Im linksrheinischen Kottenforst hat der Pseudogley (aus geringmaech- tigem Loess ueber Hauptterrasse) seine groesste Verbreitung. Auch bei vertonten devonischen Schiefern sind Pseudogleye, besonders in schwach muldiger Lage haeufig. Ansonsten kommen Braunerden vor. Fuer das Rheintal sind Braune Auenboeden, stellenweise Auengleye charakteristisch. Die natuerliche potentielle Vegetation im Bereich des Kottenforsts ist der Maigloeckchen-Stieleichen-Hainbuchenwald der Niederrheini- schen Bucht, rechtsrheinisch tritt er zwischen Beuel und Hennef ueber tertiaeren Sedimenten und Hauptterrasse auf. Das suedliche Drachenfelser Laendchen und das Rheintal sind Standort des Mai- gloeckchen-Perlgras-Buchenwaldes (stellenweise Flattergras-Buchen- wald). Fuer das Siebengebirge, das Pleiser Laendchen und Teile des Drachenfelser Laendchens sind der Artenreiche Hainsimsen-Buchen- wald, der Hainsimsen-Perlgras-Buchenwald u. der Perlgras-Buchen- wald charakteristisch. In den Bachtaelern des Pleiser Laendchens kommt der Stieleichen-Hainbuchen-Auenwald der Berglandtaeler, einschliesslich bach- und flussbegleitender Erlenwaelder, vor. Kottenforst und Siebengebirge stellen die groessten, geschlossenen Waldflaechen der Einheit. Auch ansonsten sind groessere und klei- nere Waelder (so zwischen Beuel und Hennef) verbreitet. Im Plei- ser- und Drachenfelser Laendchen wird eine intensive Landwirtschaft betrieben. Hierbei ueberwiegt der Ackerbau, waehrend die Taeler als Greunland, selten ebenfalls als Aecker, genutzt werden. Hinzu kommt im Westen des Drachenfelser Landes der Obstanbau. An den steilen Suedhaengen des Rheines liegen die noerdlichsten Weinberge West- deutschlands. Die Einheit ist kaum bis deutlich besiedelt. Groesste Ansiedlung ist Bad Honnef, aber auch Vororte von Bonn (neu geschaffener Orts- teil Brueser Berg am Rande des Kottenforsts), Beuel und Bad Go- desberg und Hennef greifen randlich auf die Einheit ueber. Ansons- ten sind kleinere Ortschaften vorherrschend, einige Gebiete sind siedlungsarm (Kottenforst, Siebengebirge). Frueher wurden im Pleiser Laendchen neben tertiaeren Tonen, Alaun u. Braunkohlen (bei Rott) auch Toneisenstein bei Dambroich abge- baut. Weitere Tongruben lagen linksrheinisch bei Roettgen und sued- lich Wachtberg. Eine grosse Bedeutung hatte der Abbau der tertiaeren Vulkanite, der sich bis in die Roemerzeit zurueckverfolgen laesst. Auch fuer den Bau des Koelner Domes wurden bevorzugt Siebengebirgsgesteine, beson- ders der Trachyt, benutzt. Die feuerfesten Tuffe wurden als Back- ofensteine z.T. in unterirdischen Kavernen abgebaut. Das Siebengebirge ist das aelteste Naturschutzgebiet Nordrhein- Westfalens. Es wurde besonders wegen seiner geologischen Besonder- heiten unter Schutz gestellt, um damit auch dem verstaerkten Ge- steinsabbau der Neuzeit Einhalt zu gebieten. Das Siebengebirge ist ein ueberregional bedeutendes Erholungsge- biet.
|